3.März 2011
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Nelkensamstag, Rosenmontag: Was haben Blumen mit Karneval zu tun?
Karl Josef Strank
Nelkensamstag, Tulpensonntag, Rosenmontag und Veilchendienstag, zumindest die beiden letzten Bezeichnungen für den wichtigsten und den ausklingenden Tag des rheinischen Karnevals dürften vielen bekannt sein. Die blumigen Namen legen die Vermutung nahe, dass die Blumen selbst oder zumindest deren symbolische Bedeutung an diesen Tagen eine Rolle spielen. Denkt man an die Tonnen von „Strüssjer“, die anlässlich der Umzüge zusammen mit „Kamelle“ unters Volk gebracht werden, liegt diese Vermutung vielleicht nahe.
Die Nägelin
Blumen haben in der Vergangenheit, als die wenigsten des Schreibens und Lesens mächtig waren, über die „Blumensprache“ eigene Symbolgehalte und Assoziationen entwickelt, die sich dann mit der Mode in den verschiedenen Epochen mitunter auch wandelten.
Ein solches Schicksal teilt die Nelke. Im Mittelalter nannte man sie Nägelin wegen der Ähnlichkeit in Form und Duft mit den Gewürznelken. Letztere galten als Aphrodisiakum, was sich dann auch auf die Nelken übertrug. Sie standen fortan als Symbol für das Verlöbnis und die Liebe aber auch für die Eitelkeit und die Freundschaft. Die göttliche Liebe kam hinzu, weswegen sie zahlreiche Bilder der Gottesmutter Maria schmücken. Als „Nägelin“ verweist sie auch auf die Passion Christi.
In Zeiten der Französischen Revolution trugen die Royalisten auf dem Weg zum Schafott Nelken als Zeichen ihrer Königstreue und ihres Mutes. Heute ist sie das Symbol der Sozialdemokraten.
Tulpen, Amsterdam und Holland sind in unserer Vorstellung eine feste Verbindung eingegangen. Sie stammen aber aus Persien. Im 16. Jahrhundert gelangten Tulpen durch einen Gefolgsmann Kaiser Ferdinands I. aus Konstantinopel nach Wien. Der Hofgärtner Charles l´Ecluse kultivierte sie und gab sie weiter nach Holland.
Die Osmanen nahmen die Tulpe in ihr Wappen, heute gilt sie als die Nationalblume der Türkei. Eine wahre „Tulpenmanie“ sorgte 1637 in Holland für den ersten Börsenkrach der Neuzeit. Seither gelten Tulpen als Symbol für schwarze Börsentage. Sie stehen aber auch für Liebe, Zuneigung, Leben, Fruchtbarkeit und für den Frühling. In der Literatur symbolisieren Tulpen die Vergänglichkeit.
“Du sollst mich lieben für drei tolle Tage, aber nach dem Namen frag mich bitte, bitte nicht”. Der Text dieses alten Karnevalsschlagers passt ausgezeichnet zur Rose und dem tollen Treiben am Rosenmontag, denn die Rose ist das Symbol der Verschwiegenheit. Die Rosenkreuzer, eine geheime, mystische Gesellschaft, deren Anfänge im 17. Jahrhundert liegen, wählten als Zeichen das Kreuz und die Rose. Sub rosa dictum, was unter der Rose gesagt, galt als absolut geheim. Beichtstühle in katholischen Kirchen zieren deshalb oft Rosenblüten.
Die reichhaltige Symbolik der Rose ist sehr ambivalent. Goethe nannte sie „das Vollkommenste, das die Erde in unserem Klima hervorgebracht hat.“ Vollkommenheit, Schönheit, Vergänglichkeit und Tod werden bei der Rose in einem Atemzug genannt und fast gleichzeitig gedacht. Das schnelle Dahinwelken rückt sie in die Nähe des Todes, was Hebbel so in Worte fasste: „Ich sah des Sommers letzte Rose stehn, / Sie war, als ob sie bluten könne, rot; / Da sprach ich schaudernd im Vorübergehn: / So weit im Leben, ist zu nah am Tod.“
Eine andere Bedeutungsebene der Rose bezieht sich auf das pralle Leben, wie es ja oft auch an den Karnevalstagen in Erscheinung tritt. Seit alter Zeit gilt die Rose auch als erotisches Versprechen. Freudenhäuser trugen häufig den Namen „Zur großen Rose“ und die Straßen hießen „Rosengasse“ oder „Rosenwinkel“. Heute sind diese Bezüge weitgehend verblasst.
Die Narren rasen
Einige der hier aufgeführten Bedeutungen passen zu der Ausgelassenheit und Fröhlichkeit und überschäumenden Lebensfreude an den Karnevalstagen, aber Sprachforscher meinen, dass die blumige Bezeichnung der Tage nichts mit Blumensymbolik zu tun hat. Sie nehmen an, dass „Rosenmontag“ von „rasen“ kommt, weil die Narren an diesem Tag vor Begeisterung rasen. Eine andere Erklärung geht auf den vierten Fastensonntag, den Rosensonntag, zurück.
An diesem Tag organisierte ein Festkomitee im Jahr 1823 den Kölner Karneval neu. Sie beschlossen einen großen Maskenumzug am Montag und schufen damit einen neuen Festtag. Das Komitee nannte sich Rosenmontagsgesellschaft, der Name ging ab 1830 auf den zumindest im Rheinland feiertäglichen Rosenmontag über.
Bleibt noch das Veilchen. Es steht für Bescheidenheit, Anstand, Hoffnung, Treue und Liebe. Am Veilchendienstag kommt man nach langem, ausgiebigem und ausgelassenem Feiern wieder zur Besinnung und mancher ist vielleicht auch froh, dass er mit einem blauen Veilchenauge davon gekommen ist.
Einige behaupten, dass die blumigen Namen der Karnevalstage keine tiefere Bedeutung haben. Es war aber immer schon der Vorteil und der große Reiz der Blumensprache, Dinge durch die Blume zu sagen, die man nur zu wünschen oder zu denken und nicht auszusprechen wagte. So lässt sich am Ende die Frage, was haben die Blumen mit Karneval zu tun, wie folgt beantworten: „Nichts!“ Denkt man allerdings an die hier kurz dargestellten symbolischen Bezüge, kommt man zu dem Ergebnis: „Vielleicht doch sehr viel!“
zuletzt bearbeitet am 18.IV.2011