12.Jan.2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Was noch im Gemüsegarten steht: Knöpchere, Knepcheskemois und mehr

Karl Josef Strank

Der Winter scheint die Jahreszeit zu sein, in der im Garten Ruhe herrscht, die Beete abgeräumt sind und alles, was an Früchten das Jahr über gewachsen ist, im Keller eingelagert, eingemacht oder eingefroren dem baldigen Verzehr entgegen wartet. Dennoch finden sich in einigen Gärten hüfthoch aufgewachsene Strünke mit kohlartigen Blättern, die der Gärtner vergessen zu haben scheint.

Nicht gefroren
Schaut man genauer hin, sind diese Überbleibsel des Gartenjahres gar nicht erfroren und im Zustand des winterlichen Vergehens begriffen. Sie geben zwar das Bild einer angefrorenen, mitunter mit Raureif und Eiskristallen oder gar Schnee bedeckten Pflanze, machen aber durchaus einen vitalen und kräftigen Eindruck, der sie offenkundig noch erntefähig erscheinen lässt.
Oft handelt es sich dabei um Rosenkohl mit seinen rundlichen Knospen, die der Volksmund in Aachen auch als Knöpchere, in Eupen als Knepcheskemois (Knöpfchensgemüse) bezeichnet oder um die krausen Blätter des Grünkohls.
Für beide Wintergemüse ist das Auftreten von Frost eine Voraussetzung für die Ernte, denn Rosenkohl und Grünkohl enthalten Bitterstoffe, von denen man früher annahm, dass sie durch tiefe Temperaturen abgebaut werden. Dem ist zwar nicht so, wie neuere Untersuchungen belegen, denn der Gehalt an Bitterstoffen, die der Gesundheit sehr förderlich sind, bleibt gleich, ob es friert oder nicht. Die indirekten Folgen des Frostes sorgen dafür, dass der Kohl süßer schmeckt und die Bitterstoffe abgemildert werden.
Bei kalter Witterung verbraucht die Pflanze selbst weniger Zucker, und unter dem Einfluss des Lichts geht auch an Frosttagen die zuckerbildende Photosynthese weiter, mit dem Ergebnis: Je länger der Kohl bei Frost im Garten verbleibt, desto süßer wird er.
Die Knöpchere gelten durchaus als vornehmes Gemüse, das vorzugsweise in der Winterzeit genossen wird. Botanisch zählt es zu den jüngeren Sorten, da es erst 1821 als Brüsselscher Kohl (engl. Brussels Sprout, frz. Chou de Bruxelles) beschrieben wurde. Weniger vornehm ist Grünkohl mit Pinkel, Mettwurst, Kassler oder Speck, ein für den norddeutschen Raum typisches, deftiges und fettreiches Essen, das an kalten Wintertagen aber dennoch vorzüglich schmeckt. Auch der Blumenkohl ist ein Wintergemüse, das in der Regel von Dezember bis Mai im Freiland verbleibt und nach Bedarf geerntet wird. Um seine Köpfe vor Frost zu schützen, können die Blätter um diese herum zusammengebunden werden. China- und Pekingkohl sind Kohl-Arten aus Asien, die erst kürzlich bei uns Verbreitung gefunden haben, in ihren Ursprungsregionen aber in vielfältigen Sorten gezüchtet für die Versorgung der Bevölkerung mit frischem Gemüse von großer Bedeutung sind. Sie können bei uns bis zum ersten Frost geerntet werden.

Eine Bereicherung
Pekingkohl wächst als lockerer Blätterkohl. Zusammengebunden entwickelt er einen ansehnlichen, kegelig zugespitzten, festen Kopf. Sein Geschmack ist milder als der unserer europäischen Kopfkohlsorten und insofern eine Bereicherung. Der Winter ist also mehr als nur die Zeit, um die durch Milchsäuregärung haltbar gemachten und in feine Streifen geschnittenen Blätter des Weißkohls, das Sauerkraut, zu genießen. Rosen-, Grün-, Blumen-, China- und Pekingkohl bieten Abwechslung genug.
Besonders eindrucksvoll sind an winterlichen Tagen die Bilder des Gemüsegartens von Schloss Villandry an der Loire in Frankreich. Hier sind mit formal in Reih und Glied gepflanzten Salaten und Gemüsen dekorative, mit Buchs gefasste Beete verschiedener Farben gestaltet. Einen markanten Beitrag zu den dort zu bewundernden, schönen Farbenspielen liefert dabei der Zierkohl, eine Abart des Kohls, die vielfarbige und krause Blätter auszeichnet. Er ist in vielen Sorten in Japan gezüchtet worden und variiert stark in Größe, Form und den Farben der Blätter von fast Weiß über Grün, Gelb und Rot bis hin zu einem kräftigen Blau und Violett. Seine Farben bildet der Zierkohl erst bei Frost, den er bis -8° C verträgt; neuere Züchtungen tolerieren noch tiefere Temperaturen.

Sogar essbar
Wegen seiner Farben wird er als Winterschmuck von Beeten und Blumenkästen gerne genutzt. Man verwendet ihn aber auch zum Garnieren von Buffetplatten, dabei ist er durchaus essbar. Zierkohl enthält sehr viel Vitamin A und C, ist reich an Kalium, Phosphor, Calzium und Eisen und kann als Gemüse wie Wirsing zubereitet werden. So erfreut er an trüben Wintertagen nicht nur mit seinen Farben das Auge, er wärmt auch den Magen durch schmackhaftes und gesundes Winterkohlgemüse.

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zuletzt bearbeitet am 19.I.2012