13.Sept.2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Sonnenblume beeindruckt Gärtner und Botaniker in jeder Hinsicht

Karl Josef Strank

Wenn der Herbst sich ankündigt, laufen einige Pflanzen im Garten erst zur Bestform auf. Neben Astern, Herbstanemonen und Fetthennen zählen zu diesen späten Blühern auch die Sonnenblumen. Diese sind oft mit stattlichen Exemplaren in den Beeten vertreten. Aus einer kräftigen verzweigten Wurzel steigt ein gerader, dicker und rauer Stängel auf, der leicht verholzt und innen mit lockerem Markgewebe gefüllt ist. Die 20-40 cm langen und bis zu 30 cm breiten Blätter stehen an diesem wechselständig, sind herzförmig, am Rand gesägt und stark behaart. Die endständige tellergroße, im Durchmesser bis 40 cm messende, „Blüte“ erweist sich bei näherem Hinsehen als Blütenstand. Außen am Blütenkorb sitzt ein Kranz mit großen 6-10 cm langen gelben Zungenblüten und den Korb füllen innen kleinere braune Röhrenblüten.

Die Hüllblätter, die von unten den Boden des Blütenstands aufbauen, sind in mehreren Reihen dachziegelartig angeordnet. Unschwer erkennt man aus dieser Organisation der Reproduktionsorgane, dass die Sonnenblume zu den Korbblütlern oder Asterngewächsen zu zählen ist. Der Blütenkorb ist eine sogenannte Scheinblüte, fungiert aber wie eine Einzelblüte als zu bestäubende Einheit, als „Blume“, denn die Bienen werden durch den Ring der leuchtenden gelben Röhrenblüten angelockt und der Teller aus dicht stehenden Röhrenblüten ist ein idealer Landeplatz und bietet Pollen und Nektar im Überfluss.

Die großgewachsene – einige Sorten erreichen bis 3,5 Meter Höhe – und stattliche Sonnenblume beeindruckt in jeder Hinsicht. Als Zierpflanze ist sie Mitte des 16. Jahrhunderts auch von den Spaniern, die sie bei der Eroberung Mexikos kennengelernt haben, als Samen nach Europa gebracht worden. Ihre Heimat ist Nordamerika vom Süden Kanadas bis in den Norden Mexikos. Dort haben sie die Indianer besonders in frühgeschichtlicher Zeit als Nutzpflanze angebaut. Sie sammelten die ölhaltigen Samen, aßen diese entweder roh oder nutzten sie zur Zubereitung von Mehl. Diesen Nutzen erkannten die Europäer nicht. Die Samen wurden in den königlichen Gärten in Madrid ausgesät, gelangten von dort nach Italien und in die damals spanischen Niederlande, wo die Sonnenblume erstmals 1568 von Rembert Dodonaeus beschrieben und abgebildet wurde. Wenig später konnte der flämische Botaniker Matthias Lobelius feststellen, dass die Solis flos Peruvianus jetzt in vielen Gärten Belgiens als Schmuckstück vorhanden sei. Camerarius erklärte in dem von ihm bearbeiteten Kräuterbuch des Matthiolus den Namen mit einer ins Auge fallenden Eigenheit der Blütenköpfe: „Man nennet es Sonnenblumen von wegen der Figur und daß sie sich nach der Sonnen wendet.“

Auf dem Feld

Lange Zeit wurden nur die unterschiedlichen Formen in den Gärten ausgelesen und beschrieben, bevor im 18. Jahrhundert der Versuch unternommen wurde, die Sonnenblume als Ölpflanze feldmäßig anzubauen. Ein Gutachten der Akademie der Wissenschaften in Berlin riet aber davon ab, weil es damals keine zur Ölgewinnung geeigneten Sorten gab.

Erst Mitte des 19. Jahrhunderts setzte dann in den sommerwarmen Gebieten Ost- und Südosteuropas, vor allem in der Ukraine, der feldmäßige Anbau der Sonnenblume als Ölfrucht ein. Heute gibt es spezielle Sorten, deren Samenkörner einen Ölgehalt von bis zu 50 Prozent aufweisen. Der Anbau in Europa umfasst eine Fläche von 2,2 Mio. ha, auf rund 4 Mio. t beläuft sich der Ernteertrag. Weltweit werden über zehn Millionen Tonnen Öl produziert.

Sonnenblumenkerne sind sehr nahrhaft. Sie enthalten 20 Prozent Eiweiß, verschiedene Mineralstoffe, Vitamine und einen hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren. Hochwertiges kaltgepresstes Sonnenblumenöl ist Bestandteil einer gesunden Ernährung. Es dient der Herstellung von Mayonnaise und Margarine, die Samen sind Vogelfutter und deren Pressrückstand, der Ölkuchen, kann als Viehfutter genutzt werden. Nicht nur Pinienkerne, auch geröstete Sonnenblumenkerne sind eine schmackhafte Zutat für Salate.

Von den Verwandten der Sonnenblume ist noch der Topinambur, die knollige Sonnenblume, zu erwähnen. Deren essbare Knollen enthalten den Zucker Inulin, der ohne Insulin abgebaut werden kann, weswegen die Knollen als für Diabetiker geeignete „Kartoffel“ bekannt wurden. Sonnenblumen sind aber auch einfach nur schön, was nicht zuletzt die Bilder von Vincent van Gogh eindrücklich vor Augen führen.


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zuletzt bearbeitet am 22.IX.2012