11.Sept.2014

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Dahlien: Die Königinnen des Herbstes laufen jetzt zur Höchstform auf.

Karl Josef Strank

Vom Standpunkt des Gärtners aus ist der September ein dankbarer und ausgezeichneter Monat; nicht nur deshalb, weil die Goldruten, Herbstastern und indischen Chrysanthemen oder die blütenschweren bezaubernden Georginen blühen. Ihr, die ihr es nicht glauben wollt, seid überzeugt, der September ist der auserlesene Monat für alles, was zum zweiten Mal blüht: der Monat der zweiten Blüte, der Monat der reifenden Rebe. Das sind die geheimen Vorzüge dieses Monats, sie sind voll tiefer Bedeutung. Übrigens ist es der Monat, wo sich die Erde erneut erschließt, so dass wir schon wieder pflanzen können! Jetzt muss das in die Erde kommen, was bis zum Frühjahr Wurzel treiben soll; und wieder bietet sich uns die Gelegenheit, die Gärtnereien abzulaufen, ihre Kulturen zu besichtigen und mitunter schon Schätze für das Frühjahr auszuwählen, wobei wir den günstigen Augenblick dazu benützen, beim Scheiden des Jahres dem Fachmann unser Lob auszusprechen. So charakterisiert Karel Čapek in seinem Buch „Das Jahr des Gärtners” den Monat September.

Es wird spürbar kälter und die Tage merklich kürzer, der Herbst löst den Sommer ab, die Ernte muss eingeholt und haltbar gelagert werden. Aber nicht nur die Herbstblumen wie Astern, Chrysanthemen und Georginen blühen jetzt, auch Rosen zeigen noch einmal, was sie können, wenn die welken Blüten im Sommer ausgeschnitten worden sind. Und die Georginen – die Königinnen des Herbstes – laufen jetzt zur Höchstform auf.

Aber was sind das für Pflanzen, die so heißen? Es sind keine anderen als Dahlien, die schon in den bäuerlichen Gärten als schöne und ergiebige Schnittblumen des Herbstes eine lange Tradition haben. Doch wieso diese unterschiedlichen Namen? Das hat mit den Regeln der botanischen Nomenklatur zu tun, denn Antonio Cavanilles beschrieb 1791 die erste Pflanze, die aus Mexico Europa erreichte und gab ihr zu Ehren des schwedischen Botanikers Andreas Dahl den Namen „Dahlia“. Karl Ludwig Wildenow, Botanik-Professor aus Berlin, glaubte, dass diese Bezeichnung für eine andere Pflanzenart bereits 1792 von Carl Peter Thunberg vergeben sei und nannte sie nach dem russischen Forscher Georgi „Georgia variabilis“. Ein Irrtum, denn Cavanilles hat den Vorrang, weil er die Beschreibung und Benennung ein Jahr früher vornahm. Dennoch hat sich der Name erhalten und viele ältere Leute bezeichnen heute noch Dahlien als „Georginen“ und meinen damit vor allem die Ball- und Pompon-Formen, weil in früheren Jahren das Sortiment in den Gärtnereien vor allem aus diesen bestand. Im osteuropäischen Raum –Karel Čapek stammt aus Tschechien – ist der Name „Georginen“ immer noch üblich. In der Heimat der Dahlien, Mexiko, nutzten die Ureinwohner die Pflanzen auch als Medizin und hatten viele Namen für die Dahlie. Diese sind für uns echte Zungenbrecher: Chichipatli (bittere Medizin), Cocotli (Wasserknolle), Acocoxochitl (Wasserknollenblume), Acocotli (Wasserschlund), Acocoxiutl (hohle, tiefliegende Wasserknollen-Pflanze), Coanenepilli (Schlangenzunge).

Was ist dieser Tage im Garten noch zu tun außer sich am herbstlichen Blütenflor zu erfreuen? Es ist die Zeit, einen Komposthaufen zu bauen. Material gibt es genug. Reicht der Platz, schichtet man am besten eine Miete. Sind die Verhältnisse beengter, bieten sich Lattenkomposter oder Tonnen an. Kartoffeln und die Sommergemüse können geerntet werden, Äpfel, Birnen und anderes Obst reifen jetzt. Holunderbeeren müssen gepflückt werden, bevor die Vögel sich daran erfreuen. Winterharter Frühlingskohl, Steckzwiebel werden gepflanzt. Rucola und Salate liefern noch vor dem Winter frische und vitaminreiche Mahlzeiten. Die heiß ersehnten Kataloge mit den Frühlingszwiebeln von Tulpen, Krokussen, Narzissen u.a. kommen ins Haus. Eine Freude, die Auswahl zu treffen und die Zwiebeln noch im Herbst in den Boden zu bringen.

Zum Schluss noch einige Gedanken aus Čapeks lesenswertem Buch über das Jahr des Gärtners: „Es lässt sich nicht mehr in Abrede stellen: Der Herbst ist da. Man merkt es an den Astern und Chrysanthemen, sie blühen in üppiger Fülle, eine mehr als die andere. Ich sage euch, dieses Blühen im Herbst ist inniger und leidenschaftlicher als die flüchtigen, ruhelosen Regungen im jungen Lenz! Es liegen Verstand und Folgerichtigkeit des Reifenden darin: wenn schon blühen, dann aber gründlich, und viel Honig tragen, damit die Bienen kommen. Was bedeutet schon ein welkes Blatt inmitten überreichen Blühens im Herbst! Merkt ihr denn nicht, dass es kein Ermüden gibt?“

 

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zuletzt bearbeitet am 9.X.2014