16.Juni 2016

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Lupine gehört zur Familie der Hülsenfrüchtler

Ruth Gestrich-Schmitz

Fährt man entlang der Autobahn, fallen dort, wo infolge von Baumaßnahmen neue Böschungen entstehen, von Mai bis Juli große blau-violette Blütenstände ins Auge. Sie gehören zur Wolfsbohne, besser bekannt unter dem Namen Lupine. Sie ist eine Rohboden-Pionierpflanze, die zwar durchlässigen, humusreichen, leicht sauren Boden bevorzugt, aber auch auf sonnigen bis halbschattigen Standorten mit magerer Erde gedeihen kann. Dies gelingt ihr mit Hilfe der Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln, die Stickstoff aus der Luft fixieren können und zu pflanzenverfügbaren Stickstoffverbindungen umwandeln. Wegen dieser Eigenschaft wird sie gerne zur Bodenverbesserung angebaut, mit dem Unterpflügen der Pflanzen wird der Boden mit Stickstoff angereichert. Zugleich besitzt sie eine bis zu 1,50 m tiefe Pfahlwurzel, die der Bodenbefestigung dient. Im rheinischen Braunkohlenrevier wird sie daher bei der Rekultivierung und dem Begrünen von Abraumhalden ausgesät.

 

Die Lupine gehört zur Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). Über 200 Arten, die aus Nordamerika, Südeuropa und Nordafrika stammen, sind bekannt. Dazu gehören die Vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllus) mit blau-violetten, selten weißen, als Zuchtform auch mit roten Blüten, die Gelbe Lupine (L. luteus), die Weiße Lupine (L. albus) und die blau-blühende Schmalblättrige Lupine (L.angustifolius). Die Pflanzen können eine Höhe von 1,50 m erreichen, ihre Blätter sind 5- bis 15-zählig gefingert. In 30 bis 50 cm langen Quirlen oder Trauben stehen die Schmetterlingsblüten, aus denen sich behaarte Hülsen mit bitter schmeckenden Samen entwickeln. Die gesamte Pflanze ist giftig, sie enthält Chinolizidin-Alkaloide, vor allem in den Samen. Je nach Art schwankt der Alkaloidgehalt der Samen, bei den „Süßlupinen“ ist er so niedrig, dass sie als Nahrung dienen können. Die Weiße Lupine wurde schon im ägyptischen, griechischen und römischen Altertum angebaut. In Europa gewann der Lupinenanbau erst ab dem 18. Jh. wieder an Bedeutung. Im ersten Weltkrieg begann man in Deutschland, die Weiße Lupine als Körnerfrucht zur Eiweiß- und Ölgewinnung anzubauen, denn Lupinensamen enthalten bis zu 45 % Proteine sowie wertvolle Fette und Öle. Erst mit der Züchtung alkoloidarmer bis alkaloidfreier Sorten und der Entwicklung von Verfahren zum Herauslösen der Bitterstoffe, ohne dass dabei Nährstoffe verloren gehen, hat die Lupine an Bedeutung gewonnen, auch in Hinblick auf vegane Ernährung. Für die Nahrungsmittelproduktion werden L. albus, L. luteus, L. angustifolius sowie L. mutabilis (Andenlupine) genutzt. Im Jahr 2014 erhielten Forscher den Deutschen Zukunftspreis für die Entwicklung und Vermarktung von Lupinenprotein als pflanzlichem Lebensmittelzusatz. Mit diesem Protein kann Milch, Käse, Joghurt, Speiseeis und Pudding hergestellt werden. Es eignet sich auch als Grundlage für Wurstwaren. Auf den sandigen Böden Mecklenburg-Vorpommerns wird die Lupine deshalb heute vermehrt angebaut. Mehl aus entbitterten, gemahlenen Samen findet Verwendung bei der Herstellung von Back- und Teigwaren. Auch Lupinenkaffee aus gerösteten Samen der weißen Süßlupine wird im Handel angeboten. Lupinenkaffee gab es bereits 1918 bei einem Lupinenkongress der „Vereinigung für Angewandte Botanik“ in Hamburg, wo beim Festessen auf einem Tischtuch aus Lupinenfaser Lupinensuppe, -beefsteak, -butter, -käse und Lupinenschnaps serviert wurde.

Die Vielblättrige Lupine kam zu Beginn des 19. Jhs. von Nordamerika nach Europa und trat hier ihren Siegeszug in unsere Gärten an. Man findet sie auch verwildert auf Waldlichtungen und an Waldrändern. George Russell, ein englischer Gärtner, züchtete Anfang des 20. Jhs. die ersten „modernen“ Lupinen: Sie sollten mehrjährig und winterhart sein und dicht gefüllte Blütenstände mit attraktiven Farben haben. So entstand eine Aufsehen-erregende Kollektion, die Russell-Hybriden. Die englische Staudengärtnerin Sarah Conibaer hat Ende der 1990er Jahre aus Saatgut der Russel-Linie die Westcountry-Lupinen gezüchtet, mit denen sie, wie Russell zuvor, bei der Chelsea Flower Show große Erfolge feiern konnte. Jedes Jahr kommen neue Sorten mit prächtigen Blütenständen auf den Markt mit so wohlklingenden Namen wie „Cashmere Cream“ (cremefarben), „Polar Princess“ (reinweiß), „Purple Swirl“ (hellviolett marmoriert), „Jupiter“ (zweifarbig violett-weiß) oder die purpurfarbene „Masterpiece“, die 2012 zum 60. Thronjubiläum von Queen Elizabeth die Barke schmückte, mit der sie auf der Themse fuhr.

 

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zuletzt bearbeitet am 12.VII.2016