21Juli 2016
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Hummeln sind wichtige Bestäuber für alle Blütenpflanzen
Thomas Eßing
Unter Thuja, Scheinzypresse oder Bambusstaude ist es auch in nassen Jahren so trocken, dass Hummeln dort gerne ihre Nester bauen. Jetzt im Juli bemerkt man solche Nester durch eine große Zahl von ein- und ausfliegenden Hummeln, die ihren Nachwuchs mit Nahrung versorgen. Hummeln sind wichtige Bestäuber für unsere Obstgehölze und alle Blütenpflanzen, die auf sie als Bestäuber angewiesen sind. Da in Deutschland die Honigbiene als wildlebendes Insekt ausgestorben ist, sind die Obstbauer auf die Arbeit der Imker angewiesen. Besonders in Gegenden mit geringer Imkerdichte sind Hummeln für die Bestäubung sehr wichtig, zumal sie im Gegensatz zu den Honigbienen auch bei kühler Witterung fliegen können. Für uns Menschen sind die friedlichen Insekten harmlos, solange wir nicht versehentlich barfuß auf sie treten, oder uns an ihren Nestern zu schaffen machen.
Schon an warmen Tagen Ende Februar kriechen die neuen Hummelköniginnen aus ihren Verstecken im Boden und beginnen sich aufzuwärmen. Diese hatten sie nach ihrem Schlüpfen aus der Wabe im Herbst des Vorjahres aufgesucht, um dort zu überwintern. Mit ihrer Flügelmuskulatur setzen sie ihre Körper nach dem Krabbeln aus ihrem Winterquartier so lange in Vibration, bis sie warm genug sind, um fliegen zu können. Jetzt heißt es an dunklen, und damit warmen Blüten, so viel Nektar und Pollen zu verspeisen, bis die Energiespeicher wieder aufgeladen sind. An den darauffolgenden Tagen sucht jede Hummelkönigin ein Loch im Boden (zum Beispiel Erdhummeln), um dort ein Nest zu bauen und ein eigenes Volk zu gründen. Die Nester werden ausgestattet mit einer Brutwabe sowie Behältern zur Aufbewahrung von Blütennektar und Pollen. Diese Einrichtungen baut die Königin aus Wachs, den sie mit Hautdrüsen ausscheidet. Während der Nacht oder bei Schlechtwetter sind solche Vorräte unerlässlich, um die Brut gleichmäßig versorgen zu können. Ist alles soweit vorbereitet, legt die Königin weniger als zehn befruchtete Eier in die Wabe und gründet hiermit ein neues Hummelvolk.
Sobald die Eier in der Wabe abgesetzt sind, legt sich die Hummel bäuchlings auf sie drauf, um sie auf 31 °C Temperatur zu halten. Die Ausflüge zur Futtersuche werden nunmehr kurz und schnell durchgeführt, damit die Temperatur im Nest nicht zu sehr absinkt. Wenn nach vier Tagen die Larven geschlüpft sind, werden sie von der Königin Tag und Nacht mit Futter versorgt und weiterhin gewärmt, bis sie sich nach etwa sieben Tagen verpuppen. Nochmals zehn bis 14 Tage später schlüpft die erste kleine Zahl von Arbeiterinnen. Nun ist die Königin nicht mehr alleine für alles verantwortlich und kann einige Aufgaben abgeben. Die ersten Arbeiterinnen sind oftmals recht klein, da sie hauptsächlich für den weiteren Ausbau des engen Nestes zuständig ist. Es muss nun fortlaufend vergrößert werden, um Brutwabe um Brutwabe weitere Arbeiterinnen heranzuziehen. Die Individuen der folgenden Arbeiterinnen sind viel größer als die Erstgeborenen. Sie können bis zu 90 % ihres Körpergewichtes an Nektar fliegend zum Nest transportieren. Von diesen Arbeiterinnen holen einige tagsüber unablässig neues Futter von den Blüten. Andere versorgen nun ausschließlich die Larven. Die Königin muss sich nun nur noch aufs Eierlegen konzentrieren, und kann auch schon mal ausfliegen, um frischen Nektar für ihren eigenen Hunger zu naschen. Diese stressfreie Zeit als uneingeschränkte Monarchin über ihren gut funktionierenden Staat geht aber nun auch schon bald ihrem Ende entgegen.
Im Frühherbst beginnt die Königin mit dem Legen von unbefruchteten Eiern, aus denen sich Drohnen, also männliche Hummeln, entwickeln. Dies ist das Signal für die Arbeiterinnen, durch spezielle Futtergaben, befruchtete Eier nicht mehr zu Arbeiterinnen, sondern zu neuen Königinnen heranzuziehen. In diesem Stadium ist das Nest auf seine maximale Größe herangewachsen. Sind die neuen Königinnen und Drohnen als Vollinsekten aus ihrem Kokon geschlüpft, verliert die alte Königin ihre Fähigkeit, ausreichend Pheromone auszudünsten. Dies läutet das Ende des Hummelstaates ein. Die alte Macht der Königin ist dahin und jeder denkt nur noch an sich. Frisch gelegte Eier werden nicht mehr bebrütet, sondern von den Arbeiterinnen gefressen. Die Drohnen fallen über die Vorräte im Nest her um fit für den Zeugungsflug zu sein. Für die Arterhaltung ist es jetzt nur noch entscheidend, dass die jungen Königinnen befruchtet werden, und sich gesund und satt ein optimales Winterquartier suchen können. Schaffen sie es dann, trotz Kälte und Feuchtigkeit heil und gesund durch den Winter zu kommen, gründen sie im nächsten Frühjahr ihren eigenen Staat und der Kreis schließt sich.
zuletzt bearbeitet am 11.VIII.2016