18.Aug. 2016
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Der Turmfalke beim Rüttelflug steht er in der Luft
Karl Josef Strank
Im August kann man an hellen Abenden junge Turmfalken bei ihren Flugübungen beobachten. Sie steigen dabei in die Luft und lassen sich mit angelegten Flügeln im Sturzflug in die Tiefe fallen. Sie üben jetzt diese Jagdtechnik, denn bald sind sie auf sich selbst gestellt, verlassen die Elternvögel und suchen sich ein eigenes Revier. Während dieser Flugübungen bleiben sie nicht stumm, man hört sie gut, wenn sie ihre hellen und lauten „kikikikiki“-Rufe ausstoßen. Dieser charakteristische Ruf hat dem Turmfalken auch seinen Namen gegeben: Falco tinnunculus, was schellend, klingend bedeutet.
Der Turmfalke ist die kleine Ausgabe des Wanderfalken. Ihre Flugsilhouetten ähneln sich zum Verwechseln. Von allen Falkenarten ist der Turmfalke der sichtbarste, denn er ist der häufigste. Als ursprünglicher Felsenbewohner hat er die Stadt als Ersatzlebensraum erobert. Er siedelt in kleinen Nischen von Kirchtürmen, hohen Gebäuden, Brücken und Masten ebenso wie in der freien Natur. Die Böschungen von Straßen sind ebenfalls sein bevorzugtes Jagdrevier. Dort sieht man ihn bei der Jagd vor allem im Sommer mit dem typischen Rüttelflug in der Luft stehend, wenn er nach Beutetieren Ausschau hält. Dieses Verhalten hat ihm auch einen weiteren bezeichnenden Namen eingebracht: Rüttelfalke.
Turmfalken ernähren sich überwiegend von Feldmäusen und Wühlmäusen. Da mein Garten an die offene Landschaft mit Wiesen und Äckern grenzt und der Kirchturm auch nicht weit weg ist, habe ich im Garten eine Jule aufgestellt. Diese Sitzstange für Greifvögel, die häufig auch an Straßenböschungen zu sehen ist, soll Turmfalken und in der Nacht den Steinkauz gleichsam einladen, gelegentlich nach Mäusen Ausschau zu halten und bestenfalls auch Beute zu machen. Neben Mäusen jagt der Turmfalke Eidechsen und Insekten, vor allem Heuschrecken und Käfer, die er auch schon mal zu Fuß verfolgt. Manchmal stehen auch Regenwürmer auf dem Speiseplan. Die Spezialisierung auf Mäuse hat auch Nachteile, denn die Bestände der Feldmäuse schwanken von Jahr zu Jahr beträchtlich, was mit den landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden zusammenhängt. In mäusearmen Zeiten jagen Turmfalken daher im schnellen Sturz- oder Verfolgungsflug auch kleinere Vögel oder betätigen sich als Nesträuber. Da sie die unverdaulichen Reste der Beute im Magen zu Gewöllen zusammenpressen und auswürgen, lässt sich das Spektrum ihrer Nahrung sehr gut ermitteln.
Männchen und Weibchen sehen verschieden aus. Kopf und Schwanz sind bei älteren Männchen hellgrau, der Rücken ist rotbraun mit kleinen dunklen Flecken. Die Unterseite ist gelblich mit Längsstreifen und kleinen dunklen Tropfenflecken. Das Weibchen ist an Kopf, Rücken und Schwanz rostbraun gefärbt mit dichter dunkler Fleckung und Querbänderung. Bei beiden trägt der Schwanz eine schwarze Endbinde. Mit rund 35 Zentimeter gehört der Turmfalke zu den kleinen Greifvögeln. Im Flug ist er an seinen langen spitzen Flügeln zu erkennen. Das Weibchen ist größer als das Männchen und gibt bei der Paarung den Ton an. Mit Futtergaben wirbt es um die Gunst des Weibchens. Paare bleiben in der Regel ein Leben lang zusammen.
Zwischen Mitte April und Mitte Mai legt das Weibchen vier bis sechs Eier, die sie 29 Tage bebrütet. Die Jungen werden gut vier Wochen lang gefüttert und danach noch weitere vier Wochen von den Eltern begleitet und gefüttert bis sie das elterliche Gebiet verlassen und sich ein eigenes Revier suchen.
Lange Jahre wurde der Turmfalke als „Stossvogel“ so bezeichneten Tauben- und Geflügelbesitzer, die um ihre Lieblinge bzw. Nutztiere fürchteten, alle Greifvögel gnadenlos verfolgt. Inzwischen stehen sie unter Artenschutz und die Bestände erholen sich. Vom Schutz der Rabenvögel profitieren auch Turmfalken, denn mangels fehlender Nistmöglichkeiten nutzen sie häufig auch alte Krähen- oder Elsternester an Waldrändern, in Feldgehölzen oder auf einzeln stehenden Bäumen. Spezielle Nistkästen an hohen Gebäuden oder Brückenpfeilern sind ebenfalls hilfreich, den Bestand zu sichern.
zuletzt bearbeitet am 11.VIII.2016