25.Aug. 2016
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Der Küchengarten Obst- und Gemüselieferant für die fürstliche Tafel
Karl Josef Strank
Auf der Gartenreise durch Schleswig-Holstein und Dänemark hatten wir die Gelegenheit, auch zwei Küchengärten zu sehen. Im Zuge der Landesgartenschau Eutin 2016 sind nämlich der Schlossgarten ehemals prächtiger Barockgarten, der zu einem Englischen Garten umgestaltet wurde und der zentral darin gelegene Küchengarten, nach historischem Vorbild „revitalisiert“ worden. Unter dem Fürstbischof von Lübeck und Herzog des Hauses Schleswig-Holstein-Gottorf, Friedrich Ludwig, der von 1785-1829 amtierte, wurden hier zahlreiche Obst- und Gemüsesorten angebaut, u.a. Kartoffeln, Broccoli und Spargel. Eutin, die Geburtsstadt des Komponisten Karl Maria von Weber, war damals eines der geistigen Zentren Nordeuropas. Goethe, Klopstock, Herder, Matthias Claudius und Wilhelm von Humboldt hielten sich zeitweise in Eutin auf und trafen hier zusammen.
Der Küchengarten von Schloss Eutin ist mit einer Mauer umgeben. Es handelt sich also im klassischen Sinn um einen hortus conclusus, ein geschlossenes Areal, das nur dem fürstlichen Nutzen dient, so wie es schon Karl der Große im „Capitulare de villis“ verordnet hat. „Wir wollen, daß die Erträge der in unserem Besitze befindlichen und für unsere Hofhaltung bewirtschafteten Hofgüter uneingeschränkt unserem eigenen Bedarfe dienen und nicht anderen Personen.“
Mit aller Pracht und Macht hat dieses Programm Ludwig XIV. in Versailles umgesetzt. Der königliche Küchengarten im Park von Versailles umfasst etwa neun Hektar. Fürsten, die es sich leisten konnten, strebten dem Vorbild Ludwigs XIV. nach und legten ebenfalls Küchengärten an
Der Küchengarten des Sonnenkönigs hat ein großes zentrales Beet mit einem Wasserbecken und Fontäne, darum herum liegen noch weitere 16 Beete. Den meisten Platz nehmen die Quartiere mit Obstbäumen, vor allem Äpfel und Birnen ein, die überwiegend in den verschiedensten Formen des Spaliers gezogen werden. Noch heute beherbergt der Garten etwa 400 Obst- und ebenso viele Gemüsesorten, er liefert jährlich 50 Tonnen Früchte und 30 Tonnen Gemüse.
In Dänemark hatten wir das Vergnügen, den Küchengarten von Schloss Fredensborg, Wohnsitz der königlichen Familie, unter der Führung eines dort tätigen Gärtners zu sehen. An der umgebenden Mauer wachsen Obstbaumspaliere und in den Beeten Gemüse, Gewürze und Blumen für den Schmuck der Tafel. Prinzgemahl Henrik stammt aus Südfrankreich, besitzt dort ein Weingut, und so darf im Küchengarten natürlich ein Quartier mit Rebstöcken nicht fehlen. Stolz verkündete der Gärtner, dass alles biologisch angebaut werde und die königliche Familie sich fast ausschließlich aus dem Angebot des Gartens ernähre. Wenn sie auf Reisen geht oder mit der königlichen Yacht in See sticht, komme der Proviant ebenfalls aus dem königlichen Küchengarten. Erlesenen Geschmack beweisen auch die Gewächshäuser des königlichen Gartens und die Orangerie, die als Überwinterungshalle für mediterrane Gewächse und in Kombination mit einem Talut-Gewächshaus, angelegt über drei Terrassen, auch der Anzucht dienen. Hier feiert die königliche Familie ihre Feste.
Mit welcher gärtnerischen Hingabe Küchengärten gepflegt wurden und werden, dafür hat Susan Campbell die Pflichten eines Gärtnerjungen am herrschaftlichen Sitz in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts von Cornbury Park in Charlbury, Oxfordshire so beschrieben: „Am Morgen brach er um viertel nach sieben auf und fuhr mit dem Fahrrad zum Park. Auf dem Weg in den Küchengarten holte er bei der Köchin im Haus die Liste mit den in der Küche benötigten Dingen ab. In den Gärten verlief der Tag nach dem jeweiligen Plan, den der Obergärtner aufgestellt hatte. Eine der traditionellen Pflichten der Gärtnerjungen in Cornbury bestand darin, in den Gewächshäusern mit Hilfe eines an einem Stock befestigten Hasenschwanzes alle Pflanzen zu bestäuben, die es nötig hatten. Zu ihren weiteren Pflichten gehörte es, jeden Samstagmorgen genau um 11.30 Uhr alle Wege und Stufen zu fegen, die zum Gärtnerhaus führten, damit sie flecken- los ins Wochenende gingen.“
zuletzt bearbeitet am 11.VIII.2016