2.März 2017
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Lästlinge und Schädlinge von eher harmlos bis sehr gefährlich
Karl Josef Strank
Mehrere Tage anhaltenden, strengen Frostes haben Gärtner immer als willkommene Hilfe bei der Bekämpfung von Schädlingen gesehen. Dabei werden durch den Frost zwar einige Schädlinge dezimiert, aber in gleichem Maß auch Nützlinge, und damit macht das unter dem Strich keinen Vorteil. Hingegen ist festzustellen, dass mit dem zunehmenden Klimawandel und der spürbaren Erwärmung diese „winterliche Bereinigung“ öfter ausbleibt. Im Gegenteil wandern potenzielle Schädlinge mit neuen Schadbildern und Bedrohungsszenarien zu uns, die wir früher nicht kannten.
Im Sommer fliegen kleine rotäugige Fliegen auf reifes bis leicht gammeliges Obst und Fruchtgetränke. Nicht selten landen sie auch im Wein, der anschließend eine leicht muffige Geruchsnote hat. Es ist die Tau- oder Fruchtfliege Drosophila, das Haustier der Genetiker. Sie ist nicht wirklich gefährlich, kann aber, weil sie zuhauf auftritt, ganz schön lästig sein.
Eine verwandte Art, Drosophila suzukii, die Kirschessigfliege, ist dagegen schon als extremer Schädling einzustufen. Heimisch in weiten Teilen Asiens, ist sie über Nordamerika inzwischen auch in Europa angekommen. Als unspezifischer Schädling, der viele weich- und dünnhäutige, fleischige Früchte befällt, die im Obst- und Weinbau eine wirtschaftliche Rolle spielen, verursacht die Kirschessigfliege enorme Schäden. Die Weibchen legen ihre Eier in die reifenden weichschaligen Früchte, die durch die heranwachsenden Maden in kürzester Zeit unbrauchbar werden, weil sie das Fruchtfleisch zerstören. Die Weibchen verfügen über einen Legebohrer mit einer Raspel, die wie eine kleine, stark gezackte Säge aussieht. Bedroht sind durch die Kirschessigfliege auch Erdbeere, Brombeere, Himbeere, Stachelbeere, Johannisbeere, Heidelbeere, Holunder, Pflaume, Pfirsich, Nektarine, Aprikose, Feige, Kiwi und auch Weintraube. Weinbauern rechnen bei massivem Befall mit nahezu totalen Ausfällen der Ernte. Die Trauben können bestenfalls noch zu Essig verarbeitet werden. Bei Weinbauern löst dieser Schädling mitunter Existenzängste aus. Eine Bekämpfung mit Insektiziden ist wegen der kurzen Generationsdauer schwierig. Erste Lockfallen, die den Befallsdruck zumindest reduzieren, sind auf dem Markt.
Vor Jahren hatte ich für die Kinder im Garten ein Zelt aufgebaut, das dann zum Spielen eine Woche und länger stehen blieb. Ohrenkneifer krochen gelegentlich darin herum. Als wir es abbauen wollten, wimmelte es in den Ecken um die Zeltstangen herum von vielen kleinen Tierchen. Die Ohrenkneifer hatten dort in den Ritzen ihre Kinderstube eingerichtet. Wegen der Zangen am Hinterleib sehen sie gefährlich aus. An Geschichten, dass sie nachts in die Ohren kriechen, mit den Zangen das Trommelfell zerschneiden, um ihre Eier im Innern des Kopfes ablegen, ist zwar absolut nichts dran, aber der mitschwingende Grusel macht sie nicht zu Sympathieträgern. Dabei sind Ohrenkneifer absolut harmlos und äußerst nützlich, denn sie ernähren sich von Läusen und Raupen, denen sie nachts nachstellen. Gärtner verteilen deswegen für sie mit Stroh oder Holzwolle gefüllte Blumentöpfe im Garten als Nistmöglichkeiten.
Raupen haben das Image der nimmersatten, Pflanzen vernichtenden Fressmaschine. Ohne sie gäbe es aber nicht die das Auge erfreuende Vielzahl der bunten Schmetterlinge, die ihrerseits einen speziellen Teil des Bestäubungsgeschäftes von Zier und Nutzpflanzen übernehmen. Bevor man daher zum Vernichtungsfeldzug ob chemisch oder biologisch geführt ansetzt, sollte man sich fragen, ob der Schaden diese Maßnahme rechtfertigt.
Wespen sind stechlustig
Wespen gelten auch als Schädlinge. Sie sind im Gegensatz zu Bienen, die Blüten bestäuben und den Honig liefern, aggressiv und stechlustig. Richtig lästig werden sie im Herbst. Auf der Suche nach Zucker umschwirren sie Früchte und Obstsäfte. Dennoch sind sie äußerst nützlich, weil sie, um ihre Brut zu ernähren, eine Menge anderer Insekten wegfangen.
Viele vermeintliche Schädlinge erweisen sich bei näherer Betrachtung als nicht so gefährlich wie vermutet. Mitunter sind sie sogar recht nützlich, können aber dennoch zeitweise sehr lästig sein.
zuletzt bearbeitet am 12.IV.2017