11. Mai 2017

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Von Teufelskrallen, die bis auf ihren „teuflischen“ Namen nichts Gemeines haben

Astrid von Reis

Da gibt es zum einen die Teufelskralle (Phyteuma spec., L.) aus der Familie der Glockenblumengewächse (Campanulaceae) mit ihrem kugel- oder walzenförmigen, endständigen Blütenstand. Und zum anderen gibt es die Afrikanische Teufelskralle (Harpagophytum procumbens, DC.ex MEISN.) aus der Familie der Sesamgewächse (Pedaliaceae). Und obwohl erstere Gattung mit ihren 26 vor allem in Europa heimischen Arten uns doch viel näher und bekannter sein könnte, stiehlt ihr die Afrikanische Teufelskralle die Schau. Und dies nicht wegen ihres „besseren“ Aussehens, sondern wegen ihrer Inhaltsstoffe, die vor allem Menschen mit Schmerzen sehr zu schätzen wissen.

Viele der in Deutschland wachsenden Arten der Teufelskrallen kommen in Gebirgslagen auf mehr als 600 Metern Höhe vor. Einige Arten wie etwa die weißlich blühende Ährige Teufelskralle (P. spicatum) und die dunkelblau blühende Schwarze Teufelskralle (P. nigrum) wachsen nicht selten in lichten Laubwäldern der Mittelgebirge, wie auch in der Eifel oder im Siebengebirge.

Ihren deutschen Namen erhielt die Gattung durch die Einzelblüten, die zu einem auffälligen, endständigen Blütenstand vereinigt und von Hüllblättern umgeben sind. Die Einzelblüte ist fünfzählig, die Krone ist schmalröhrig, wobei sich die Kronblätter beim Aufblühen von einander lösen und meist an den Spitzen zusammen bleiben. Der sich streckende Griffel mit den anliegenden Staubblättern durchstößt die Kronblattspitze und ragt weit aus ihr heraus – „teuflische“ Krallen, die zur Achse hin gekrümmt sind.

Wie bei vielen Pflanzen hat die Form der Blüten unterschiedliche Assoziationen und damit auch Namensgebungen in einzelnen Regionen geweckt. Im Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen von Professor Marzell (1885– 1970) taucht eine ganze Bandbreite von Namen auf. Im Raum Ghota heißt die Pflanze etwa Godesfengerchen, also das gekrümmte Gottesfingerchen.

Der lateinische Name ist ebenfalls sehr interessant. Seit der Namenänderung durch Linné 1753 heißt die Gattung Phyteuma, aus dem Griechischen für Pflanze. Davor hieß sie Rapunzel, oder botanisch Rapunculus, der lateinische Name für Rübchen. Viele krautige Pflanzen, die als Salat- oder Wurzelgemüse genutzt wurden (so auch die Teufelskralle), erhielten früher diesen Namen. Bis heute ist daher nicht ganz klar, welche Pflanze im Märchen Rapunzel tatsächlich gemeint war: die Rapunzel-Glockenblume, der Feldsalat (vielerorts heute noch Rapunzel genannt) oder die Teufelskralle, die zum Teil essbare verdickte Wurzeln hat.

Harpagophytum procumbens ist vorwiegend in den Savannen Südafrikas und Namibias beheimatet. Hier sind die verholzenden bis sieben Zentimeter großen Springfrüchte mit scharfen, wie Krallen aussehenden Dornen für den Namen Teufelskralle verantwortlich (Harpagos, griechisch für Enterhaken). Sie bleiben schnell im Fell von Tieren hängen und werden so verbreitet. Die Blätter sind graugrün und gelappt und wachsen an langen, nieder liegenden Trieben. In den Blattachseln wachsen trompetenförmige rosa bis purpurne, teils sechs Zentimeter lange einzelne Blüten.

Die heilkräftigen Stoffe stecken in den walzenförmigen Speicherwurzeln der Pflanze. Sie wirken schmerzlindernd, antirheumatisch, verdauungsanregend und entzündungshemmend und werden unter anderem gegen rheumatische Erkrankungen, Muskelverspannungen, Sehnenentzündungen, Arthrose, Verdauungsbeschwerden und Fieber eingesetzt.

Zu den wichtigsten Inhaltsstoffen gehören Harpagosid, das für den bitteren Geschmack verantwortlich ist, Procumbid, Flavonoide, Acteosid, Chlorogen und Zimtsäure. Tee, Umschläge, Salben, Tinkturen und Tabletten sind im Handel erhältlich und alles andere als „teuflisch“.

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zuletzt bearbeitet am 23.VII.2017