14. Juni 2018
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Von der Schönheit und dem Wert der bunt blühenden Wiesenwelt
Astrid von Reis
Wenn der Frühling Einzug hält, kommt Leben in die Wiesenwelt. Und zwischen Blumen, Gräsern und Moos geht ein munteres Treiben los. (…) Zwischen Halmen, Gänseblümchen und Löwenzahn fängt das Flattern, Kriechen und Krabbeln an. (…) Frösche, Grillen, Bienen, Hummeln und Mücken wollen mit ihrem Frühlingskonzert entzücken. Auf allen Blüten herrscht reges Treiben, Insekten, die sich den Nektar einverleiben, fliegen geschäftig durch die Luft, angelockt vom süßen Blütenduft. (…) Auch Igel, Eidechse, Maulwurf und Maus trauen sich jetzt in die Sonne raus ebenso wie Blindschleiche und Salamander und teilen den Lebensraum miteinander.“ Diese netten Zeilen im Unterrichtsmaterial für die Grundschule reihen sich ein in die große Zahl von Gedichten und Romanen über den zauberhaften Lebensraum Wiese.
„Wiesen sind mit Gräsern und Kräutern bestandene Flächen, die im Unterschied zur Weide nicht durch Abweiden sondern durch Mahd genutzt werden.“ Diese zu den offenen Landschaften zählenden Lebensräume sind durch menschlichen Einfluss entstanden und verdanken auch ihre Erhaltung der Kultivierung.
Bäume und Sträucher haben keine Chance zu wachsen, zahlreiche Gräser und viele bunt blühende Pflanzen finden geeigneten Lebensraum. Je nach Lage, Bodenbeschaffenheit, Nährstoffangebot und Feuchte werden Wiesen grob in drei Typen unterteilt. Trockenrasen, die je nach Standort mehr oder weniger arten- und blütenreich sind, werden maximal ein Mal im Jahr gemäht oder kurz von Schafen beweidet. Fettwiesen sind von Natur aus nährstoffreiche Wiesen mit großem Artenreichtum. Hier zählen die eigentlichen Blumenwiesen zu mit Wiesen-Margerite, Wiesen-Salbei, Wiesen-Labkraut, Wiesen-Platterbse, Echter Schlüsselblume, Wiesen-Klee, Wiesen- Glockenblume, Acker-Witwenblume, Mittlerem Wegerich und vielen mehr. Feuchtwiesen sind bodennasse, nährstoff- und artenreiche Wiesengesellschaften mit beispielsweise Sumpfdotterblume und Kohldistel.
Bei allen Wiesen gilt: Wird der Mensch zu aktiv, indem er zu stark düngt oder zu oft mäht, sinkt der Artenreichtum rapide. Aus der Blumenwiese wird das stark gedüngte, artenarme Intensivgrünland. Es wird kaum mehr zur Heu- und Grünfuttergewinnung ein bis zwei Mal nach der Blütezeit sondern bis zu sechs Mal im Jahr vor der Blüte zur Silagegewinnung gemäht. Auf diesen Wiesen wachsen nur noch wenige Grasarten und so gut wie keine Kräuter. Und aus den artenreichen Feuchtwiesen werden durch die intensive landwirtschaftliche Bodennutzung blütenarme Fuchsschwanzwiesen.
Diese Veränderung auf Golfplatzniveau ist leider Realität geworden. Die Wiesen sind nicht mehr bunt sondern nur noch grün und braun. Mit dem Artenschwund bricht die Nahrungsversorgung von Insekten zusammen. Hinzu kommt, dass die Ackerflächen durch Pestizideinsatz („Pflanzenschutzmittel“) sowie Perfektionierung der Agrartechnik schon länger relativ frei von blühenden Ackerkräutern sind und damit auch als Nahrungsquelle wegfallen.
Täglich werden rund 80 Hektar unseres Landes versiegelt, der Klimawandel setzt vielen Kälte liebenden Arten zu. So ist die Dezimierung der Insekten man spricht derzeit von über 70 Prozent der Insektenmasse und aller sich von ihnen ernährenden Tiere (Mauersegler, Igel oder Fledermaus) vom Menschen gemacht.
Die Nutzpflanzen und die Wildvegetation mit dem Pinsel bestäuben wäre ein volkswirtschaftlicher Aufwand, der in die Billarden Euro ginge. Bedeutend preisgünstiger und das Leben bewahrend ist es, insektenfreundliche, pflanzen-, wasser- und bodenverträgliche Bewirtschaftungskonzepte umzusetzen, die lebensfeindlichen „Schottergärten“ zu entsiegeln, blühende Gärten, Parks und Straßenränder zu säen, umweltfreundliche Konsumentscheidungen zu treffen und vieles andere mehr.
Jetzt, damit auch die letzten Zeilen des Textes aus der Grundschule für alle wahr werden können: „Such dir eine Wiese und schau einfach in Ruh einmal dem bunten Treiben dort zu. Wenn du genau hinschaust, wirst du entdecken, dass sich dort noch viel mehr Tiere verstecken.“
zuletzt bearbeitet am 26.VII.2018