19. Juli 2018

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Katzenminze macht müde Katzen munter

Ruth Gestrich-Schmitz

Im Capitulare de villis, der Landgüterverordnung Karls des Großen sind im letzten Kapitel 90 Pflanzen aufgeführt, die in den Gärten seiner Krongüter angepflanzt werden sollten. Neben Obst, Gemüse und Kräutern zum Heilen und Würzen werden auch Rauschmittel wie Schlafmohn, Muskatellersalbei oder Giftlattich genannt, die auf den Menschen euphorisch wirken. Unter Nummer 45 findet man eine Pflanze namens Neptam, die bei Menschen eine beruhigende Wirkung entfaltet, jedoch bei Katzen wie ein Rauschmittel wirkt: Die Echte Katzenminze (Nepeta cataria) aus der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae) macht viele Katzen „pratschjeck“, sie umtänzeln die Pflanze, reiben sich und knabbern an ihr und wälzen sich mit sichtlichem Vergnügen darin. Die besondere Vorliebe der Katzen für dieses Kraut wird schon in den Kräuterbüchern des Mittelalters erwähnt. Albertus Magnus hebt hervor, in Erzählungen werde überliefert, dass Katzen sich damit „imprägnieren“. Verantwortlich für die stimulierende Wirkung sind die Inhaltsstoffe Nepetalacton und Actinidin, die beide auch in Baldrian vorkommen.

Die Echte Katzenminze ist eine altbekannte Heilpflanze. Teilfrüchte wurden bei Ausgrabungen von jungsteinzeitlichen, eisenzeitlichen, römischen, mittelalterlichen und neuzeitlichen Fundstellen entdeckt. Die Römer kultivierten sie bereits in Mitteleuropa. Man pflanzte sie in Bauern- und Klostergärten, von wo aus sie in die Umgebung verwilderte. Der griechische Arzt Dioskorides (1.Jh.) berichtet, dass Katzenminze, als Tee getrunken, den Harn und die Monatsregel treibt, Krämpfe löst, gegen Brechdurchfall wirkt und das Fieber bei Schüttelfrost senkt. Mit Salz vermischt und roh oder gekocht gegessen, tötet es die Bauchwürmer. Ferner wirken die zerstoßenen Blätter, mit Wolle zu einem Zäpfchen geformt und appliziert, menstruationsfördernd und töten den Fötus. Auch heute noch findet die Echte Katzenminze in der Volksmedizin Anwendung: Ein Aufguss aus Katzenminze-Blättern hilft bei Erkältungen und Fieber, bei Blähungen und Koliken und wirkt beruhigend bei Reizbarkeit und Schlaflosigkeit.

Die Katzenminze ist mit etwa 300 Arten in Europa, Asien und Nordafrika beheimatet. Die Echte Katzenminze bevorzugt stickstoffreichen, lockeren Lehmboden an einem sonnigen Standort. Die mehrjährige, frostharte Pflanze wächst mit vierkantigen, aufrechten, verzweigten, filzig behaarten Stängeln bis zu einem Meter hoch. Die gegenständigen Blätter sind grob kerbig gezähnt, oberseits kaum, unterseits filzig behaart. Von Juli bis September erscheinen weiße Lippenblüten mit rötlichen Punkten in Scheinquirlen, die gerne von Bienen und Hummeln angeflogen werden. Nepeta cataria bildet Klausenfrüchte, die bei der Reife in vier einsamige Teilfrüchte (Klausen) zerfallen. Alle Pflanzenteile duften minzig-zitronig, wofür das ätherische Öl mit den Hauptkomponenten Citral, Citronellol, Geraniol, Limonen sowie Nepetalacton verantwortlich ist. Die Blätter kann man für Tee und als Würze für Salate, Soßen und Eintöpfe verwenden.

Das Nepetalacton wirkt abstoßend auf Flöhe, (Stech-) Mücken und Kakerlaken. Katzenminze im Garten, auf dem Balkon oder in Form von Duftöl soll vor den Plagegeistern schützen.

Hobbygärtner schätzen die Katzenminze als Staude im Natur- oder Steingarten. Im Gartenhandel werden verschiedene Arten und Sorten angeboten. Die Royal Horticultural Society empfiehlt sechs Arten (N. govaniana, N. grandiflora, N. nervosa, N. phyllochlamys, N. racemosa, N. sibirica), mehrere Sorten sowie die Hybride N. x faassenii als gartenwürdige Vertreter. Die meist blauvioletten Blüten setzen den ganzen Sommer über schöne Akzente in Blumenrabatten. Aber Vorsicht: Ihr Garten könnte zu einem beliebten Treffpunkt der samtpfotigen Hausgenossen aus der Nachbarschaft werden.

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zuletzt bearbeitet am 26.VII.2018