1. Aug. 2019

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Torfmoose sind die Schwämme des Moores

 Karl Josef Strank

 

Moose im Rasen sind für viele ein Ärgernis, weil „sie da nichts zu suchen haben“. Sind aber die Bedingungen feucht bis nass und halbschattig bis schattig, sind sie normal – und berechtigterweise muss man dann eher fragen: Was haben hier Rasengräser zu suchen?

Moose sind wechselfeuchte Pflanzen, bei Hitze trocknen sie aus, bei Feuchtigkeit gedeihen sie prächtig. Eine spezielle Gruppe der Moose kann geradezu als Wasserspeicher bezeichnet werden. Das sind die Torfmoose, die unsere Hochmoore aufbauen – die Sphagnum-Arten. Der Name sphagnos ist wohl vom griechischen sphoggos, was Schwamm bedeutet, abzuleiten und wird zum ersten Mal von Plinius benutzt. Die erste Abbildung eines Torfmooses ist im Kräuterbuch des Lobelius 1581 zu finden.

Die herausragende Eigenschaft der Torfmoose ist die Fähigkeit zur Wasserspeicherung. Dazu haben sie spezielle Strukturen entwickelt. Sie können bis zum 25-fachen ihres Trockengewichtes speichern. Das ist beachtlich für Pflanzen, deren Blättchen nur aus einer Zellschicht bestehen. Für die enorme Wasserspeicherkapazität sind sogenannte Hyalozyten verantwortlich. Das sind tote, sackartig langgestreckte Zellen, die spiralig ausgesteift sind, damit sie nicht kollabieren und über eine bis mehrere Poren verfügen, durch die sie sich kapillar mit Wasser vollsaugen.

Photosynthese betreiben

Zwischen den Hyalozyten liegt ein zweiter Zelltyp, die sogenannten Chlorozyten, die Plastiden enthalten. Diese lebenden Zellen haben die Aufgabe, Photosynthese zu betreiben. Sie liegen wie schmale lange Würstchen zwischen den Wasserzellen. Wenn die Wasserzellen sich mit Wasser vollgesogen haben, sehen die Torfmoose grün oder rötlich aus. Trocknen sie aus, entweicht das Wasser aus den Hyalocyten, die enthaltene Luft reflektiert das Licht weißlich, weswegen sie auch als „Bleichmoose“ bezeichnet werden.

Auf den Stämmchen sitzen dicke Wasserzellen, die wegen ihrer Ähnlichkeit mit den von den Alchemisten verwendeten bauchigen Destilliergefäßen als Retortenzellen bezeichnet werden. Die gerade beschriebenen einlagigen Blättchen sitzen an den Ästchen, die in Etagen an den Stämmchen angeordnet sind. Diese Stämmchen wachsen dicht eins neben dem anderen aufrecht und haben an ihrer Spitze eine Endknospe, mit der sie immer weiter in die Höhe wachsen. Die unteren Teile der Stämmchen, die in den dichten Torfmoospolstern immer tiefer sinken, sterben dabei allmählich ab.

Die lebenden oberen Teile der Torfmoose drücken die unteren absterbenden zusammen. Aus ihnen entsteht Torf. Besteht dieser nur aus Sphagnen wird er als Weißtorf bezeichnet. Sind auch die absterbenden Reste anderer Moor- und Sumpfpflanzen im Torf enthalten, entsteht Schwarztorf. Der jährliche Zuwachs an Torf eines intakten wachsenden Hochmoors beträgt nur einen Millimeter. Eine ein Meter dicke Torfschicht ist also 1000 Jahre alt.

Hochmoore sind nährstoffarme Standorte, sie werden nur vom Regenwasser gespeist. Die Zellwände der Sphagnen wirken wie Ionentauscher – sie filtern aus dem Wasser die Mineral-Kationen heraus und geben dafür Wasserstoff-Protonen ab, wodurch das stark saure Milieu entsteht, was wiederum nur spezielle Moorpflanzen ertragen können. Im Moor findet nur ein geringer Abbau der abgestorbenen, organischen Substanzen statt, wodurch sich sehr viel Kohlenstoff und Humus anreichert. Trocknen die Moore durch den Klimawandel aus oder werden sie aktiv entwässert, werden große Mengen Kohlendioxid und Methan freigesetzt, was wiederum den Treibhauseffekt zusätzlich verstärkt. Moore sind daher zu schützen und zu erhalten, weil sie als Wasserspeicher und Kohlenstoffsenke ökologisch unendlich wertvoll sind.

Vielfältig einsetzbar

Noch im ersten Weltkrieg wurden die saugfähigen Torfmoose als Wundtamponaden genutzt. Naturvölker des Nordens verwendeten sie als Windeln, Trapper als Fugendichtmasse für Holzhütten. Lange wurden Matratzen mit ihnen aufgepolstert. Ebenso wurden sie als Verpackungsmaterial für zerbrechliche Güter gebraucht. Sie eignen sich als Kultursubstrat für Orchideen, und für die Kultur fleischfressender Pflanzen sind sie unentbehrlich.

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zuletzt bearbeitet am 10.VIII.2019