26. Sept. 2019
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Der Star im Schwarm ein gefürchteter Früchtedieb
Karl Josef Strank
In den Weinbaugebieten sind jetzt zur Zeit der Weinlese, aber auch schon lange vorher, immer wieder Schüsse oder laute Böller zu hören. Diese gelten Vögeln, die in großen Schwärmen die Weinberge heimsuchen. Sie plündern nicht nur die Reben saftige Früchte aller Art wie Johannisbeeren, Kirschen oder Holunderbeeren stehen auf ihrem Speiseplan.
Stare bleiben nicht unbemerkt wegen der teilweise recht großen Schwärme, in denen sie unterwegs sind, aber auch, weil sie im Flug und in Bäumen und Sträuchern, in die sie einfallen, laut und lebhaft miteinander schwatzen. Plötzlich und unvermittelt wie auf Kommando steigen sie dann in die Luft und fliegen weiter.
Ein imposantes Schauspiel liefern große Schwärme, wenn sie wie dunkle Wolken am Himmel erscheinen und schnelle und wendige Flugmanöver ausführen, sich zusammenballen, auseinanderziehen und wie synchrone Tänzer zu einer imaginären Musik eine rhythmische Choreographie hervorzaubern.
Stare sind weit verbreitet. Eigentlich im gemäßigten Europa und Asien zu Hause haben sie mit Hilfe des Menschen Südafrika, Australien, Neuseeland erobert sowie nach der Ansiedlung von einhundert Vögeln in den Jahren 1900/1901 im Central Park von New York auch den Nordkontinent vom arktischen Kanada bis zum subtropischen Mexiko. Ein Ende der Ausbreitung ist nicht in Sicht.
Auf den ersten Blick könnte man Stare mit Amseln verwechseln. Sie haben aber keinen gelben Schnabel, außer in der Brutzeit, sind äußerst selten allein unterwegs, schreiten über den Rasen anstelle zu hüpfen und ihr Federkleid ist nicht mattschwarz, sondern grünlich und purpurfarben glänzend. Die Federspitzen sind im Herbst und Winter hell, so dass sie weiß getüpfelt aussehen.
Stare sind Höhlenbrüter. Diesen Umstand nutzten die Menschen im 16. Jahrhundert aus und boten den Vögeln als Nisthilfe sogenannte Starenpötte an diese haben mit den Starenkästen (Radarfallen zur Verkehrsüberwachung) allerdings nichts zu tun. Diese ersten Nistkästen waren nicht aus Holz gebaut, sondern aus Ton. Die „Startöpfe“ oder „Starflaschen“, im Niederländischen hießen sie „Spreeuwpot“ oder „Vogelpötte“, hängte man meist zu mehreren an die Häuser oder an hohe Schornsteine und war an den fetten Jungstaren interessiert, die aus den „Pötten“ gleich in die Kochtöpfe wanderten. Denn aus ihnen stellte man nicht nur in Notzeiten eine schmackhafte, fette Starensuppe her. In den Niederlanden und Norddeutschland waren die Starentöpfe so begehrt, dass sie in Delft in zwei Größen als Massenware hergestellt und noch bis ins 18. Jahrhundert vertrieben wurden.
Als Stimmkünstler machen die männlichen Stare ihrem Namen alle Ehre. Neben einer Vielzahl eigener Gesangsmotive ist der Star sehr talentiert, die Stimmen anderer Vögel vollendet zu imitieren. Er „performt“ sein rhythmisches Singen gerne mit weit geöffneten Flügelbewegungen. Die Fangemeinde dankt es ihm: In den Augen der Starendamen sind diejenigen Männchen am attraktivsten, deren Repertoire die meisten Motive enthält und die den Gesang mit der größten Ausdauer vortragen.
Nützlich für den Landwirt
Den Land- und Forstwirten gilt der Star als nützlich, denn er sucht hinter dem Pflug die Felder nach Larven und Insekten ab, im Wald vertilgt er Eichenspanner und andere Schadinsekten. Obstbauern dagegen sehen ihn als Schädling und fürchten ihn. Im Alten Land fallen ihm schon mal zehn Prozent der Kirschenernte anheim. Netze und Lärm sind geeignete Maßnahmen, die Vögel zu vertreiben. Wirkung zeigen auch die durch Lautsprecher übertragenen Warn-, Angst- und Schreckrufe
Winzer schützten ihre Trauben vor der Lese einst durch eigens angestellte Weinberghüter, sogenannte Wingert-Schützen. Damit sie ihrer Tätigkeit nachgehen konnten, wurden Schutzhütten und kleine Türmchen in den Rebflächen gebaut, von denen einige erhalten geblieben sind. Heute erledigen Schussautomaten, die immer wieder mal einen lauten Böller abfeuern, diese Aufgabe.
Der Star gilt zwar als Allerweltsvogel, doch auch seine Bestände gehen stetig zurück. Arealverluste und Nahrungsmangel sind hierfür die Hauptursachen.
zuletzt bearbeitet am 1.I.2020