28. Nov. 2019

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Wintergemüse – so wertvoll wie frisches Obst

 Karl Josef Strank

 

Für gewöhnlich denken wir, dass es im Winter in unseren Gärten nicht mehr viel zu ernten gibt. Zwar werden die Winter immer milder, aber dafür ist es trotzdem nass und kalt, was die meisten Pflanzen nicht sonderlich gut aushalten. Es gibt aber eine ganze Reihe Gartengewächse und spezielle Sorten, die mit diesen Verhältnissen gut klarkommen und noch spät im Jahr kultiviert werden können und andere, die den Winter überstehen und erst im Frühjahr, wenn die Beete für die neue Aussaat bestellt werden, geerntet werden.

Eine typische Nachfrucht, die erst spät im Jahr nach dem Fahrplan einer Mischkultur ausgesät wird, ist der Feldsalat, Valerianella locusta, der bei uns auch wild vorkommt. Er gehört zu den Baldriangewächsen und ist mit dem Blattsalat nicht näher verwandt. Als Wintersalat, der auch Frost erträgt, ist er sehr beliebt. Nahezu unbekannt, aber als Alternative zum Feldsalat, kann Postelein, Montia perfoliata, auch als Tellerkraut bezeichnet, über Winter kultiviert werden. Im September ausgesät, keimt er erst bei Temperaturen unter zwölf Grad Celsius. Sechs bis acht Wochen später können die ersten fleischigen Blätter geerntet werden. Bleibt das Herz verschont, treibt der Postelein mehrfach durch und liefert knackiges Grün. Er dient frisch als Salatbeigabe oder wird wie Spinat zubereitet.

Ebenfalls gut in den Winter hinein kultivierbar ist Zichoriensalat. Dabei handelt es sich um eine Varietät der Wegwarte, Cichorium intybus var. foliosum. In diese Gruppe gehören der Zuckerhut, der Radicchio und der Chicorée. Zuckerhut war ein früher weitverbreiteter und beliebter Wintersalat. Das fast ganzjährige Angebot an Kopfsalaten hatte ihn verdrängt, er ist aber wieder im Kommen. Er schmeckt kaum bitter und seine inneren gebleichten Blätter sind sehr zart. Als Nachfrucht im Herbst eignet er sich hervorragend. Die alte italienische Sorte „Cicoria Pan di Zucchero“ hat spitz zulaufende hellgrüne Blätter und ist im kühlen Keller bis ins Frühjahr lagerbar.

Chicorée gilt als der klassische Wintersalat. Flämische Bauern entwickelten ihn im 18. Jahrhundert zufällig, denn eigentlich kultivierten sie Zichorienwurzeln, um daraus Ersatz-Kaffee herzustellen. Überschüssige, im Winter in Erde eingeschlagene Wurzel trieben aber durch und brachten bleiche Blätter, Witloof (Weißlaub), hervor, die zudem noch schmeckten. Heute wird Chicorée systematisch im Dunkeln getrieben und in den Wintermonaten ist er überall in den Gemüseauslagen zu kaufen. Die alte Sorte „Di Bruxelles“, treibt unter Deckerde und bildet feste gelbgrüne Köpfe. Die Sorte „Robin“ bildet weiß-rote Köpfe.

Porree oder Breitlauch, Allium porrum, hat alle guten Eigenschaften, die auch Zwiebeln auszeichnen und zu einem unentbehrlichen Gemüse unserer Küche machen. Dennoch scheiden sich beim Porree die Geschmäcker, entweder man mag ihn oder eben nicht. Als heimisches Wintergemüse ist er aber von großem Wert. Seit jeher gehören in erster Linie Lauch, Möhren und Sellerie ins Suppengemüse, dann Zwiebeln, Steckrübe, Wurzelpetersilie und eventuell noch Gewürze. Für den Herbstanbau und zur Überwinterung eignen sich die Sorten „Blaugrüner Winter“ oder die daraus ausgelesenen Züchtungen „Avano“ und „Freezo“. Sie bilden mittellange, dicke, weiße Schäfte und machen im Frühjahr noch einen kräftigen Zuwachs.

Weil die frischen Salate und Gemüse direkt aus dem Garten im Herbst und Winter nicht mehr zur Verfügung stehen, kommt schon mal des Öfteren eine „Konserve“ auf den Tisch. Typisch dafür ist das Sauerkraut, fein geschnittener, milchsauer vergorener Weiß- oder Spitzkohl. Es enthält viel Vitamin C und ist unter diesem Gesichtspunkt für die winterliche Ernährung so wertvoll wie frisches Obst und Zitrusfrüchte. Im Garten können lange bis ins nächste Frühjahr weitere Kohlsorten wie Blumenkohl, Rosenkohl und Grünkohl kultiviert werden. Damit Grünkohl die Bitterkeit verliert und süßer schmeckt, braucht er Frost. Das alte, sehr schmackhafte Gemüse kommt bei uns in vielen dem Winter trotzenden Sorten vor: feinkrause „Lerchenzungen“, „Ostfriesische Palme“, „Rote Palme“ und andere mehr.

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zuletzt bearbeitet am 6.I.2020