30. Jan. 2020
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Der Eibisch: Hustenstillend, reizmildernd, antibakteriell
Karl Josef Strank
In unsere Gärten hat vor langer Zeit eine Pflanze Einzug gehalten, deren heilende Wirkung sehr geschätzt ist, weswegen sie im Artnamen mit „officinalis“ bezeichnet wird. Darunter sind Pflanzen zusammengefasst, die der Apotheker in seinem Geschäft, der officina, bereithält. Botanisch korrekt heißt sie Althaea officinalis, der Eibisch, und zählt zu den Malvengewächsen. Als Gartenstaude mit mehreren bis zu zwei Meter hohen aufrechten Trieben, deren Achsen und Blätter samtweich behaart sind, ist sie sehr beliebt.
Die großen herzförmigen Blätter sind unregelmäßig gezähnt, die unteren drei- bis fünflappig geteilt. In den oberen Blattachseln stehen mehrere drei bis fünf Zentimeter große weiß- bis rosafarbene Blüten. Die fünf Blütenblätter umgeben eine ein Zentimeter lange Röhre, zu der die Stiele der zahlreichen Staubblätter verwachsen sind. Die Staubbeutel stehen an der Spitze im Büschel frei, aus dessen Mitte die Narbe herausragt. Diese „Staminalröhre“ ist typisch für alle Malvengewächse. Der Eibisch verfügt über eine fleischige, weiße Wurzel, deren waagerecht kriechende Verästelungen fingerdick werden können.
Aufgrund der jahrhundertealten Nutzung hat der Eibisch viele Namen. Das lateinische Althaea geht wohl auf das griechische althaia zurück, was sich von altheeis für „heilkräftig“ oder althein/althainein für „heilen“ ableitet. Aus dem Heilmittel Althaea machte der Volksmund, weil es nicht richtig verstanden wurde, „Alter Tee“ oder sogar „Alt Eh“. Althochdeutsch heißt er ibisca, mittelhochdeutsch ibische, was sich im schweizerischen „Ibisch“ oder „Ispe“ wiederfindet.
Eibisch ist eine uralte Heilpflanze, von dessen Verwendung als Hustenmittel, das gemischt mit süßem Wein getrunken wurde, schon Theophrast berichtet. Dioskorides, der mit den Heilpflanzen des Mittelmeerraumes bestens vertraut war, empfahl den Eibisch gegen Nieren- und Magenleiden. Weiter schreibt er, dass Eibisch: „in die Scham gelegt / eröffnet die Verstopffungen der Geburtsglieder /und erwecht derselbigen hitzige Geschwulst. Die Brüh / da Ibischkraut innen gesotten ist / hat eben dieselbige Krafft / und treibt alles herauß / was nach der Geburt natürlicherweise ausgetrieben werden soll.“
Die Pflanze dürfte demnach ein unentbehrliches Heilmittel der Hebammen gewesen sein. Von daher verwundert es nicht, dass der Eibisch im Mittelalter sehr bekannt war und seit langem in Kloster- und Bauerngärten kultiviert wird. Hildegard von Bingen beschreibt seine Anwendung in vielen Variationen, in Essig, Wein, Honigwasser und mit „Schmer“, also Schmalz. Das Lorscher Arzneibuch verzeichnet ein Rezept für ein Pflaster aus abgekochtem Eibisch mit Bockshornklee gegen die „Ansammlung verdorbener Säfte und gegen Schwellungen und Geschwülste“.
Der Eibisch ist auch heute noch eine bewährte und wichtige Schleimdroge, die bei Infekten der Atem- und der Harnwege und bei Magen- und Darmproblemen eingesetzt wird. Der Schleim besteht in der Hauptsache aus sauren Polysacchariden, Mehrfachzuckern. Die Droge kommt in allen Teilen der Pflanze vor, besonders reich mit 10 bis 20 Prozent konzentriert sie sich in den Wurzeln Der Schleim legt sich schützend und beruhigend auf die Schleimhäute der Atemwege und wirkt so hustenstillend, reizmildernd und ist zugleich antibakteriell. Von dieser Wirkung profitiert auch das Verdauungssystem, so bei Magensäureüberschuss, Reizung oder Entzündung der Magenschleimhäute.
Die zu Pulver zerriebene Wurzel formte man früher zu weichen Pastillen, die gegen Halsentzündungen und Husten genommen wurden. Diese gelten als die Vorläufer der beliebten Marshmallows. Die enthalten heute aber nicht mehr die Kräuterauszüge der Eibischwurzel. Die bekannten Kräuterbonbons einer Schweizer Firma mit dem rollenden „R“ enthalten Auszüge des Eibischs.
zuletzt bearbeitet am 27.III.2020