6. Febr. 2020

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Maulwurf, nur ein Ärgernis für Gartenliebhaber?

 Veronika Bernhardt

Obwohl weltweit verbreitet und häufig vorkommend, haben die wenigsten Menschen schon einmal einen Maulwurf gesehen, denn er lebt fast ausschließlich unterirdisch. Lediglich die charakteristischen Haufen auf Grün- bzw. Rasenflächen aller Art verraten die Anwesenheit des aktiven Unterweltlers.

Diese auffallenden Erdhügel sind so markant, dass einige Backfirmen sogar eine Maulwurfstorte kreiert haben, die in Form und Aussehen einem Maulwurfshügel nachempfunden ist!

Diese Haufen entstehen dadurch, dass der Maulwurf in etwa 10 bis 40 cm Tiefe etwa 5 cm breite Gänge buddelt, aber auch Schlaf-, Nest- und Vorratskammern bis in einen Meter Tiefe aushebt. Dabei fällt eine ganze Menge überschüssiges Erdmaterial an, das er dann mit Hilfe von Kopf und Rüsselnase nach oben befördert und dort als „Bauschutt“ in Haufenform aufwirft. Eigentlich könnte er auch „Erdwerfer“ genannt werden, denn sein Name lässt sich auf den alten Begriff „Molte“ zurückführen, was schlicht „Erde“ bedeutet und nichts mit dem Maul zu tun hat.

Diese enormen Buddelaktionen schafft der Unterirdische vor allem mit Hilfe seiner kräftigen, groß-flächigen Vorderpfoten. Diese besitzen einen zusätzlichen sechsten Finger, das knöcherne Sichelbein, das die Vorderpfoten zu effektiven Grabschaufeln verbreitert.

Genau diese von vielen als störend, lästig bis inakzeptabel empfundenen Auswurf-Hügel sind es, die den fleißigen Grabkünstler so unbeliebt machen und den ein oder anderen stolzen Rasenbesitzer zur Weißglut treiben können. Doch für den Wühler sind sie absolut lebensnotwendig, weil damit die wichtige Belüftung des unterirdischen Gangsystems gewährleistet wird. Aufgrund eines sehr aktiven Stoffwechsels und einer gleichermaßen intensiven Verdauung produziert der Grabkünstler nämlich große Mengen an Kohlendioxid, die aus dem Bau hinaus müssen. Das Begradigen und/oder Festklopfen der Erdhügel ist daher vergebliche Mühe, denn innerhalb kürzester Zeit wirft der Buddler neue auf, um nicht an der „dicken Luft“ zu ersticken.

Der „Herr im schwarzen Samtanzug“ besitzt einen walzenförmigen, 10 bis 17 cm langen Körper, wiegt zwischen 60 und 120 Gramm und kann 3 bis max. 5 Jahre alt werden, falls nicht einer der vielen Fressfeinde sein Leben verkürzt. Besonders Eule, Mäusebussard, Fuchs und Marder betrachten ihn als Leckerbissen.

Sein kurzhaariges Fell ist sehr fein und weich und mit etwa 200 Haaren pro mm² äußerst dicht, was schon im antiken Griechenland bekannt war, wo die seidenweichen Felle zu Decken verarbeitet wurden. Ende 19./ Anfang 20. Jahrhundert waren Mäntel und Jacken aus Maulwurfsfell in Europa kurzzeitig sehr gefragt. Die Besonderheit dieser Haare ist, dass sie alle senkrecht stehen und somit in alle Richtungen biegbar sind. Das Fell hat also keinen „Strich“ wie das von Hund und Katze, was das Vorwärts- und Rückwärtslaufen oder Drehen im Tunnelsystem sehr erleichtert.

Bei der Nahrungssuche helfen dem fast blinden Buddler sein höchst sensibler Tast- und Geruchssinn und sein extrem leistungsfähiges Gehör. So nehmen seine empfindlichen Ohren den Sturz einer Insektenlarve in sein Gangsystem als lautes Geräusch wahr, woraufhin er mit etwa vier km/h durch sein Röhrensystem saust, um die Beute zu vertilgen.

Zahlreiche Tasthaare an Schnauze und Schwanz dienen der Orientierung. In der Haut der schmalen Rüsselnase befindet sich ein zusätzliches hochempfindliches Tastorgan, das nur bei Maulwürfen vorkommt. Damit kann er minimale Bodenerschütterungen und sogar Muskelkontraktionen von Beutetieren registrieren.

Ausgestattet mit den 44 spitzen Zähnchen des Insektenfressergebisses verspeist der Maulwurf ausschließlich tierische Kost. Dazu gehören Gartenschädlinge wie Schnecken, Insekten und ihre Larven, Schneckeneier, Spinnen und kleine Mäuse. Gerne frisst er Regenwürmer, die er auch als Wintervorrat einlagert. Dazu beißt er einige der vorderen Körpersegmente des Wurms ab, so dass er nicht fliehen kann, aber am Leben bleibt.

Wegen seines hohen Stoffwechselumsatzes hat der Maulwurf ständig Hunger und muss, um seinen Energiebedarf zu decken, täglich bis zu 100 Prozent seines Eigengewichtes an Nahrung vertilgen. Nur zehn Stunden ohne Nahrungsversorgung wären tödlich! Ein 100 g schwerer Maulwurf verzehrt somit pro Jahr deutlich über 30 kg an tierischen Schädlingen.

Die Anwesenheit eines Maulwurfs ist in folgender Hinsicht äußerst positiv zu bewerten:

1. Er vertreibt Wühlmäuse, die er in seinem Revier absolut nicht duldet.

2. Sein weit verzweigtes Röhrensystem sorgt für eine gute Auflockerung des Bodens sowie eine optimale Durchlüftung und wirkt zudem wie ein Drainagesystem.

3. Er vernichtet eine Unmenge verschiedenster Gartenschädlinge.

Maulwürfe gehören derzeit nicht zu den bedrohten Tierarten, aufgrund ihrer ökologischen Funktion sind die Tiere in Deutschland jedoch streng geschützt (§44 des Bundesnaturschutzgesetzes). Der Europäische Maulwurf ist das Wildtier des Jahres 2020!


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zuletzt bearbeitet am 27.III.2020