25. Juni 2020
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Von einheimischen Beerenfrüchten der Saison
Karl Josef Strank
Gestern, am 24. Juni, wurde nach dem christlichen Kalender der Johannistag gefeiert. Er liegt genau sechs Monate vor dem Weihnachtsfest, der Geburt Jesu Christi. Er ist ein wichtiger Gedenktag für die Gläubigen, aber auch Stichtag für den Jahresrhythmus in der Natur. Spargel und Rhabarber werden nicht mehr geerntet, sie brauchen den Rest des Jahres für die Regeneration des Wurzelstocks, damit es im nächsten Jahr wieder Spargel- und Rhabarberstangen gibt.
Johannes der Täufer, Vorgänger von Jesus Christus, erlitt unter Herodes auf Betreiben von dessen Stieftochter, Salome, den Tod durch Enthauptung. Das blutige Geschehen gab einer heimischen Pflanze mit roten Früchten den Namen, der Johannisbeere. Sie, wie auch die Kirsche, reifen um den Gedenktag des Johannes, was die Namensgebung zusätzlich zu bestätigen scheint.
Von der Johannisbeere gibt es in unseren Gärten üblicherweise die Rote, Ribes rubrum, und die Schwarze, Ribes nigrum. Sie waren schon immer Teil unserer heimischen Flora und wachsen wild in Auwäldern und Erlengebüschen. Die Ährige Johannisbeere bewohnt ebenfalls Auwälder. Die Alpen-Johannisbeere und die Felsen-Johannisbeere kommen an hellen buschigen Hängen in den Alpen und in schattigen Bergwäldern der Voralpen, des Schwarzwalds, der Vogesen und Sudeten vor. Die Gold- und die Blutrote Johannisbeere stammen aus Nordamerika und haben als Zierpflanzen Einzug in unsere Gärten gehalten.
In die Verwandtschaft gehört auch die Stachelbeere, ebenfalls ein traditionelles Beerenobst unserer Gärten, das große, mitunter etwas behaarte im Geschmack angenehm saure Früchte liefert, aber wegen der unangenehm stacheligen Eigenart etwas in Vergessenheit geraten ist. Linné gab ihr den Namen Ribes grossularia, und bezeichnete die gesamte Familie als Grossulariaceae, Stachelbeergewächse. Heute wird die Stachelbeere als Ribes uva-crispa geführt mit zwei Unterarten. Subspecies grossularia stammt aus unseren Wäldern und die fast stachellose Subspecies reclinatum stammt aus Südost-Europa.
Von ihrer Herkunft sind alle Waldpflanzen. Sie wurzeln flach und sind für eine Mulchdecke sehr dankbar. Beim Pflanzen können sie gerne eine Handbreit tiefer gesetzt werden. Sie benötigen regelmäßig Wasser und dürfen nicht austrocknen. Stachelbeeren bekommen in der prallen Sonne Sonnenbrand und benötigen Halbschatten. Johannisbeeren vertragen mehr Sonne und bringen dann auch reichere Frucht.
Auch die zahlreichen Namen zeigen die Beliebtheit: für Johannisbeere im Süden Ribisl, in der Schweiz Meertrübeli, Trübeli oder Ribiseli, für Stachelbeeren in Österreichs Mauchale und Mungatzen, in der Schweiz Chrosle oder Chruselbeeri. Im Rheinland heißen sie Kröschele. Stachel- und Johannisbeeren gehörten schon zum Inventar des Küchengartens Ludwigs des XIV. in Versailles. Jean-Baptiste de La Quintinie, der erste Direktor dieses Königlichen Gartens, schreibt: Die „Johannisbeeren, seien es die roten und die geperlten wie auch die pikanten, allgemein holländische Johannisbeeren genannt, sind Arten von kleinen fruchttragenden Büschen, die viel einbringen ...“
Zahlreich wie die Namen sind die Sorten. Rote Johannis: Heros, Jonkheer van Tet, Rote Holländische, Rote Spätlese, Weiße Versailler (weiße Sorte 1850 in Versailles gezüchtet, leider nicht aus Ludwigs Zeiten); Schwarze Johannis: Rodknoop, Tinker, Wusil; Stachelbeere: Gelbe und Rote Triumph, Rote Preisbeere, Weiße Nekartal, um nur einige zu nennen. Heute sind weitere resistente Neuzüchtungen hinzugekommen. Einzug in die Gärten hält auch eine Kreuzung aus Johannisbeere und Stachelbeere, die Jockel- oder Jostabeere.
Nicht zu verachten ist, was man aus den Früchten machen kann. Schwarze Johannisbeeren werden zu Cassis verarbeitet. Ein Likör, der oft mit Schaumwein getrunken wird. „Wimmelen“-Schnaps, ein aufgesetzter Likör aus roten Johannisbeeren, schmeckt süß und harmlos, hat es aber in sich. Nicht zuletzt sei die Stachelbeer-Baisertorte erwähnt, ein Genuss für jeden Genießer süßer Backwaren.
zuletzt bearbeitet am 9.VII.2020