19. Nov. 2020

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Avocado – eine Beere im Aufschwung

 Astrid von Reis

Landläufig fallen uns unter Beeren meist direkt Johannisbeeren, Erdbeeren, Himbeeren ein. Früchte, die in ihrem Namen schon das Wort Beere enthalten. Doch dies stimmt mit der Botanik der Früchte, also „der Gesamtheit der Organe, die aus einer Blüte hervorgehen und die Pflanzensamen bis zu deren Reife umschließen und dann ihrer Ausbreitung dienen“, oft nicht überein. So sind von den oben aufgezählten Früchten durch die beerenspezifische Entwicklung der Organe nur die Johannisbeeren und tatsächlich auch die Avocados Beeren.

Geschützt von der dreischichtigen Fruchtwand (Perikarp), befindet sich bei der – je nach Sorte – bis zu ein Kilogramm wiegenden, einsamigen Avocadobeere der etwa tischtennisballgroße Samen. Er besteht aus zwei Keimblättern und dazwischen liegt, gut zu sehen, der Embryo, welcher, setzt man den Samen in die Erde, nach ungefähr sechs Wochen sprießt und schnell zu einer schönen Pflanze mit dunkelgrünen, elliptischen, bis zu 45 Zentimeter langen Blättern heranwächst. Die innere Schicht (Endoderm) der Fruchtwand ist hier mit den Keimblättern verwachsen, der Samen wird von einer braunen Samenschale umgeben. Dann folgt die mittlere Schicht der Fruchtwand (Mesoderm), das begehrte nahrhafte, bis zu 30 Prozent Fett enthaltende grüngelbe Fruchtfleisch. Die dritte, äußere Schicht, das Exoderm, ist je nach Sorte eine glatte oder ledrig-runzlige, grüne, dunkelrote, braune oder sogar schwarze, wachsige Außenschale.

Der bis zu 20 Meter hoch werdende Avocadobaum (Persea americana Mill.) gehört zur Familie der Lorbeergewächse (Lauraceae) und stammt ursprünglich aus dem tropischen Bereich Mexikos und Guatemalas. Sein Holz und vor allem die Früchte mit ihren wertvollen Inhaltsstoffen werden schon seit etwa 10.000 Jahren genutzt. Der Name Avocado kommt von dem Wort ‚ahuacatl’ aus dem Nahuatl (Aztekisch) und steht für Hoden und auch diese Frucht. Der hohe Fettgehalt und ihre Form haben ihr im Deutschen Namen wie Butterfrucht, Butterbirne oder – den ledrig-runzligen Exemplaren – Alligatorbirne eingebracht.

In Europa wurde die Avocado im 16. Jahrhundert durch die spanischen Eroberer bekannt. Bis heute wurde sie weit verbreitet und in den Tropen, Südafrika, Kalifornien, Israel, Chile, Peru, Australien, Neuseeland und seit dem 20. Jahrhundert auch in Spanien und Italien angebaut. Mehr als 400 Kultursorten wurden gezüchtet, bei uns am bekanntesten sind die Sorten Hass und Fuerte.

Das Öl der Früchte wird für Speisen und in großen Mengen in der Kosmetik- und Pharmaindustrie genutzt. Und: Avocados werden gerne gegessen. Heute gelten sie wie die Walnuss als Superfood; es hat ein Avocado-Hype eingesetzt: Allein in Europa stieg der Avocado-Konsum von 2016 bis 2018 um zwei Drittel.

Den Aufschwung der Beere sehen nachhaltig und ökologisch denkende Menschen mit großer Sorge. Wie bei den Bananen und Ölpalmen, die in großem Stil von Konzernen und Großgrundbesitzern auf Monokulturplantagen angebaut werden, gibt es viele Probleme sozialer und gesundheitlicher Art für die Einheimischen und Kleinbauern sowie Umweltprobleme. In Mexiko, dem größten Avocado-Anbaugebiet der Erde mit mehr als zwei Millionen Tonnen pro Jahr, werden sukzessive und oft illegal die Wälder abgeholzt – bis zu 4000 Hektar pro Jahr. Menschen und Tiere verlieren ihre Heimat, Kriminelle verdienen am Anbau mit und terrorisieren ganze Kleinstädte, so dass ein bekannter Sternekoch das „Grüne Gold“ inzwischen als Blutdiamanten bezeichnet und zum Verzicht aufruft.

In anderen Gebieten, in denen der sonnen- und wasserhungrige Baum künstlich bewässert wird – ein Kilogramm Früchte benötigt 1000 Liter Wasser (Tomaten 180 Liter) – gibt es Probleme für die Bevölkerung durch Grundwasserabsenkung und Flusswasserregulierung.

Die Nachfrage steuert das Angebot, und die kostbare Beere sollte der Umwelt zu Liebe wieder als Delikatesse angesehen werden. Nachhaltige Alternativen kommen aus Bioanbau von Kleinbauern und aufgrund der kürzeren Wege aus Ländern wie Spanien, Italien oder Israel.

 

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zuletzt bearbeitet am 27.XII.2020