22. April 2021

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Frühjahrs-(Gift-)Lorchel

 Richard Lifa

Für einige Pilzliebhaber beginnt bereits im Frühjahr die Jagd nach Pilzen. Laien sollten jedoch vorsichtig sein, da viele Pilze giftig sind, falsch zubereitet oder leicht verwechselt werden können. Darüber hinaus stehen einige sehr beliebte Speise-Pilze, wie beispielsweise die Speise-Morchel unter Artenschutz. Das Sammeln der Speise-Morchel ist nicht nur verboten, sondern sie kann auch leicht mit der sehr ähnlichen, giftigen Frühjahrs-(Gift-)Lorchel (auch als Frühjahrs-Lorchel bezeichnet) verwechselt werden. So würde die Sammelwut nach seltenen und geschützten Pilzen auch gleich bestraft werden.

Die Frühjahrs-Lorchel lässt ihren Fruchtkörper zwischen März und Mai emporwachsen. Nicht nur die Frühjahrs-Lorchel, sondern auch andere Pilze der Familie der Giftlorcheln wurden und werden teilweise immer noch als Speisepilze gesammelt und verwendet. Durch gründliches Putzen, mehrmaliges und langes Kochen sowie Trocknen verliert die Frühjahrs-Lorchel einen Großteil ihres Giftes, jedoch nicht vollständig. So kam es früher trotz der aufwendigen Zubereitung immer mal wieder zu Vergiftungen oder Todesfällen. Trotz allem war der Pilz aufgrund seines intensiven und besonderen Geschmacks sehr begehrt.

Es gibt mehrere Arten der Frühjahrs-Lorchel. So reicht die Farbe des Hutes von weiß bis grau zu gelb-braun bis schwarz. Darüber hinaus ist der Kopf hirnartig gewunden und der Stiel hohl und teilweise gerippt. Die Speise-Morchel hat eine sehr ähnliche Physiognomie, der Hut sieht allerdings eher schwammartig aus und erinnert leicht an Bienenwaben. Die Frühjahrs-Lorchel ist der Speise-Morchel derart ähnlich, dass sie vor allem im englischsprachigen Raum auch als falsche Morchel bezeichnet wird.

Die giftigen Inhaltsstoffe des Pilzes waren früher nicht bekannt, allerdings konnten Ähnlichkeiten zu Krankheitssymptomen in der Raumfahrt erkannt werden. Viele Menschen trugen bei der Arbeit mit Raketentreibstoffen aufgrund mangelnder Schutzmaßnahmen Vergiftungen davon. Irgendwann konnten Symptome und der Krankheitsverlauf denen der vergifteten Menschen, die die Frühjahrs-Lorchel verzehrt hatten, zugewiesen werden. Es konnte festgestellt werden, dass es sich hier um den gleichen chemischen Stoff handelt.

Heute ist bekannt, dass der Fruchtkörper der Frühjahrs-Lorchel das hochgiftige und karzinogene Gyromitrin in sehr hoher Konzentration enthält. Allein das Lagern des Pilzes in nicht belüfteten Räumen kann zu einer schweren Vergiftung führen, da das Gift ausgast. So liegt der Gehalt zwischen 60 bis 320 mg pro Kilogramm Frischpilz. Eine Dosis von 20 bis 50 mg pro Kilogramm Körpergewicht ist bereits tödlich. Der Stoff ist leicht flüchtig und wasserlöslich. Durch hohen Aufwand war es möglich, das Gift aus dem Pilz zu extrahieren. Im menschlichen Körper wird Gyromitrin mithilfe der Magensäure in das noch gefährlichere und ebenfalls krebserregende Monomethylhydrazin abgebaut. Hier reichen allein zwischen 5 bis 8 mg pro Kilogramm Körpergewicht, um einen Menschen zu töten. Hydrazin wird auch heute noch in der Raumfahrt als Flüssigtreibstoff für Raketen verwendet. Auch in dem rohen Fruchtfleisch der Speise-Morchel ist eine geringe Menge an Hydrazin vorhanden, die allerdings durch Vorkochen oder Blanchieren beseitigt werden kann.

 

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zuletzt bearbeitet am 10.V.2021