17. Juni 2021
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
„Geranien“ Duftender Insektenschutz und Heilpflanze aus Südafrika
Christina Paulson
Farbenprächtig mit „Geranien“ geschmückte Fenster und Holzbalkone gehören zu oberbayerischen Orten, wie das dortige Alpenpanorama. Aber wussten Sie, dass die Lieblings-Balkonblumen der Deutschen botanisch betrachtet gar keine Geranien, sondern Pelargonien sind? Die Zuordnung zur Gattung der Geranien für die im 17. Jahrhundert aus Südafrika importierten Pflanzen beruht auf einem Irrtum bei der Namensgebung wegen der Ähnlichkeit mit etlichen in Europa heimischen Geranien-Arten. Seit dem späten 18. Jahrhundert zählen Botaniker sie zur Gattung der „Pelargonien“. Tatsächlich sind Geranien und Pelargonien eng miteinander verwandt und gehören zur selben Pflanzenfamilie, den Storchschnabelgewächsen (Geraniaceae). Unverkennbar für die gesamte Familie ist ihre markante, storchenschnabel-ähnliche Frucht. Von den Geranien unterscheiden sich die Pelargonien u.a. durch ihren Blütenaufbau. Geranien besitzen fünf symmetrische Blütenblätter, während Pelargonien zwei größere und drei kleinere Blätter aufweisen, die „zygomorph“ (symmetrisch) angeordnet sind. Der Brauch, Pelargonien ans Fenster zu stellen, hat eine lange Tradition und rührt daher, dass einige kleinblütige Arten wie z.B. die Rosenpelargonie (Pelargonium graveolens) mit ihrem Duft Insekten vertreiben und somit das Haus vor stechenden Plagegeistern bewahren können. Die gezüchteten großblütigen und kaum duftenden Arten haben diesen Effekt allerdings leider verloren. Im Gegensatz zu unseren einheimischen winterharten Geranien-Arten überstehen Pelargonien die kalte Jahreszeit hierzulande nur an einem frostfreien Ort.
Pelargonien stammen ursprünglich von der südlichen Halbkugel, vor allem aus Südafrika und Namibia. 1672 entdeckte der deutsche Arzt und Botaniker Paul Hermann die Gattung bei einer Reise zum Kap der Guten Hoffnung und brachte sie in die Niederlande. Die Pflanzen überstanden die lange Seereise gut und schon 1686 zogen Gärtner im niederländischen Leiden zehn unterschiedliche Pelargonium-Arten heran. In ihrer Heimat sind manche Pelargonien buschartig und können so eine Höhe von bis zu zwei Metern erreichen. Andere wachsen in trockenen Regionen des Landes wie Sukkulenten und werden bis zu einem Meter hoch. Ihre oft dicken Stämme dienen dabei als Wasserspeicher. Die Blätter der Pelargonien sind vielgestaltig: fingerförmig, gelappt, gefiedert oder geteilt. Sie sind meist behaart und enthalten ätherische Öle, die bei leichtem Reiben der Blätter freigesetzt werden. Die Duft-Palette reicht von Zitrone, Ingwer, Apfel, Melisse, Minze bis hin zu Rose oder Weihrauch. Der rosenähnliche Duft der Rosen-Pelargonie hat zur Folge, dass ihr ätherisches Öl Fälscher auf den Plan ruft und als Ersatz für das viel teurere Rosenöl - vielen Damen-Parfums beigemischt ist. Darüber hinaus haben manche Arten auch eine heilende Wirkung.
Dies erkannten schon die Ureinwohner Südafrikas. Zum Beispiel wird der antiviral wirkende Extrakt der Wurzel der Kapland-Pelargonie (Pelargonium sidoides) in Südafrika seit Jahrhunderten traditionell bei Atemwegserkrankungen verwendet. Der einheimische Name in der Zulu-Sprache „Umckaloabo“ beschreibt die Beschwerden und setzt sich zusammen aus »umKhulane« (schwerer Husten) und »uHlabo« (schneidender Schmerz in der Brust).
Ätherische Öle, die man aus den Blättern bestimmter Duftgeranien-Arten wie z.B. der Rosengeranie gewinnt, eignen sich z.B. zur Stimmungsaufhellung und sind wegen ihrer hormonell ausgleichenden Wirkung hilfreich bei verschiedenen Frauenbeschwerden. Den v.a. aufgrund des enthaltenen Geraniols insektenvertreibenden Effekt des Pelargoniumöls, machen sich manche Naturkosmetik-Hersteller übrigens auch beim Einsatz in Shampoos gegen Kopfläuse zunutze.
Und hier noch ein Reisetipp: wer die Vielfalt von Duftpelargonien kennenlernen möchte, sollte unbedingt einmal einen Ausflug in das südhessische Seligenstadt am Main machen. Im dortigen Klostergarten der ehemaligen Benediktiner-Abtei gibt es eine große Sammlung unterschiedlich duftender Arten, die man im Sommer beschnüffeln kann. Ein herrlicher Genuss!
zuletzt bearbeitet am 27.VII.2021