22. Juli 2021

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Meerrettiche – gesundheitsfördernd und mit Reiz

 Astrid von Reis

Die frischen Blätter eignen sich für Salate, belegte Brote und sind schmackhaft. Doch „berühmt“ geworden ist der Gewöhnliche Meerrettich aus der Familie der Kreuzblütengewächse (Brassicaceae) mit dem botanischen Namen Armoracia rusticana, P. Gaertn., B. Mey. & Scherb. durch seine Wurzel. Vermutlich in Osteuropa beheimatet, wird er seit etwa 2000 Jahren kultiviert und ist auch durch Verwilderung inzwischen auf anderen Kontinenten verbreitet. Die Namensdeutung ist schwierig, die etablierteste Meinung geht von dem Wort ‚mehr’ für groß (lat. maior) aus, wobei hier der Vergleich zu dem nur familiär verwandten kleineren Rettich (Gattung Raphanus) gezogen worden sein soll. Der in Süddeutschland und Österreich gebräuchliche Name ‚Kren’ hingegen ist eindeutig ein Lehnwort aus dem slawischen Sprachraum, so ist im Tschechischen der Begriff ‚kren’ von ‚koren’ für ‚Wurzel’ abgeleitet.

Der Meerrettich wächst gern in feuchten Lebensräumen mit gut durchlässigem, nährstoffreichem Boden in Sonne oder Halbschatten und ist bei uns in Kultur oder verwildert auf feuchten Wiesen und an Fließgewässern anzutreffen. Große deutsche Anbaugebiete sind im Spreewald, im Badischen und Fränkischen Bereich (in Baiersdorf gibt es sogar ein Meerrettichmuseum), bei Hannover und auch Hamburg.

Gut zu erkennen ist die kräftige, ausdauernde und frostharte Staude durch ihre grundständigen, länglich ovalen, gezähnten 30-50 cm langen Blattspreiten mit bis zu 60 cm langen Blattstielen. Zur Blütezeit ab Mai bis Juli erscheinen bis 1,20 Meter lange und etwa 40 cm breite Blütenstände, endständige Trauben mit vielen kleinen für Kreuzblütler typischen Blüten mit vier weißen Kronblättern. Die Früchte sind Schoten mit wenigen kleinen Samen. Die Wurzeln sind zylinderförmige, bis 6 cm dicke, außen gelb-braune und innen weiße mehrköpfige Pfahlwurzeln, die für medizinische Zwecke oder in der Küche verwendet werden. So schreibt John Gerard in „The Herball, or Generall Historie of Plantes“ (1597), dass sich „der gestampfte und mit etwas Essig verrührte Meerettich bei den Deutschen für Saucen zu Fischgerichten und bei Speisen, die wir mit Senf essen allgemeiner Beliebtheit erfreue“. Heute ist die Meerrettichsauce allseits beliebt.


Der Meerrettich wächst gern in feuchten Lebensräumen.

Die Pflanze hat viele gute Inhaltsstoffe zu bieten, was ihr auch den Titel Heilpflanze des Jahres 2021 einbrachte: mehr Vitamin C als Zitronen, wodurch sie früher auch auf der Seefahrt gegen Skorbut mitgenommen wurde, B- Vitamine, Mineralstoffe und sehr bedeutend Senfölglykoside wie Sinigrin und diverse Senföle. Letztere sind für den reizvollen, scharfen Geschmack verantwortlich und machen durch ihre antimikrobielle Wirkung die Pflanze zu einem ‚natürlichen Antibiotikum’. Meerrettich wird beispielsweise genutzt zur Stärkung der Abwehrkräfte, bei innerlicher Schwäche, gegen Arthritis, Gicht, Infektionen der Atem- und Harnwege.

Aus der gleichen Familie, den Kreuzblütlern stammt der ‚Japanische Meerrettich’ oder Wasabi, botanisch ‚Eutrema japonicum, (Miq.) Koidz.’. Er hingegen ist sehr frostempfindlich, in Japan beheimatet und wird vor allem dort kultiviert. Wasabi benötigt nassen Boden am besten mit fließendem Quellwasser, in dem die Staude mit kräftigen, außen hellbraunen und innen hellgrünen Rhizomen relativ langsam wächst. Die grundständigen, bis 60 Zentimeter lang gestielten nierenförmigen essbaren Blätter sind handgroß. Auch hier ist der Blütenstand eine Traube mit kleinen, weißen vierzähligen Blüten.

Wasabirhizome enthalten auch Senfölgykoside und Senföle und haben eine ähnliche Wirkung und Verwendung wie das westliche „Pendant“. Sie verursachen – frisch geraffelt noch stärker – das charakteristische Brennen in Mund und Nase. Das langsame Wachsen, die Ansprüche der Pflanze und der schnelle Verfall der Inhaltsstoffe bewirken, dass hierzulande meist nur extrem gestreckter, billiger „Wasabi“ erhältlich ist. Gestreckt mit dem Gewöhnlichen Meerrettich, Senf und dem Farbstoff Chlorophyll.

 

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zuletzt bearbeitet am 17.VIII.2021