29. Juli 2021

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Essigbaum und Gerber-Sumach – zwei Pflanzen zum Verwechseln ähnlich

 Christina Paulson

Als unser türkischer Freund im letzten Sommer bei uns auf der Veranda saß, rief er beim Blick in den Vorgarten erfreut: „Ihr habt ja einen Sumach-Baum! Wir können die Früchte ernten und „Sumach“ herstellen, das Gewürz, das wir in der Türkei so lieben.“ Ich war erstaunt, denn bis dato war ich der Meinung, wir hätten einen Essigbaum. Dieser Baum mit seiner typischen akazien-artigen Wuchsform und seinem schirmartigen Blätterdach erfreut zur Blütezeit im Sommer die Bienen und uns vor allem im Herbst mit der intensiv roten Färbung seiner gefiederten Blätter. Die Früchte zu ernten und daraus ein Gewürz herzustellen, war uns noch nie in den Sinn gekommen. Also recherchierte ich und erfuhr: aus den Früchten des hiesige Vorgärten zierenden Essigbaums (Rhus typhina oder Rhus hirta) wird „Sumach“ nicht hergestellt! Im Gegenteil, man sollte beim Umgang mit dem Essigbaum eine gewisse Vorsicht walten lassen, denn alle Pflanzenteile des Essigbaums gelten als gering giftig. Sein Milchsaft, der bei Verletzungen jüngerer Triebe ausfließt, soll auf der Haut empfindlicher Menschen zu Hautreizungen führen, Spritzer in die Augen sollen Bindehautentzündungen auslösen können.

Die Sumach-Art, aus dem im Mittelmeerraum das beliebte Gewürz hergestellt wird, ist der sogenannte Gerber-Sumach (Rhus coriaria), auch Sizilianischer Sumach oder Färberbaum genannt. Er gehört wie unser Essigbaum zur botanischen Familie der Sumachgewächse (Anacardiaceae) und sieht diesem zum Verwechseln ähnlich. Seine Namen erhielt er, weil seine Blätter früher zum Gerben von Leder und als Haarfärbemittel benutzt wurden. Mit der Rinde wurde Wolle gefärbt. Er kommt wild in Südeuropa, vor allem auf Sizilien und dem östlichen Mittelmeerraum sowie den an-grenzenden Gebieten Arabiens und Zentral¬asiens vor und soll spätestens im 3. Jahrhundert v. Chr. in der gesamten griechischen Küche der Ägäisregion seinen Platz als ein beliebtes Gewürz gefunden haben. Bis heute ist „Sumak“ vor allem in der türkischen, arabischen, kurdischen und persischen Küche beliebt. Zur Herstellung des Gewürzes schabt man von der Frucht nur die dünne Schicht Fruchtfleisch ab und trocknet sie anschließend. Die Steinfrüchte werden nicht zermahlen, da sonst Bitterstoffe freigesetzt würden. Das pulvrige, dunkelrote Gewürz streuen unsere türkischen Freunde großzügig über Salate, Fleisch- und Reisgerichte, was diesen einen angenehm erfrischend, säuerlichen Geschmack verleiht. Dieser beruht auf verschiedenen Fruchtsäuren wie Äpfel-, Zitronen-, Bernstein-, Malein-, Fumar- und Ascorbinsäure, Tanninen und ätherischen Ölen. Qualitativ hochwertigem „Sumak“ wird kein Salz hinzugefügt. Dies machen in erster Linie Händler zur schnelleren Trocknung durch Entzug von Wasser und zur Verlängerung. Die ganzen unreifen Früchte des Gerber-Sumachs dienen auch als Ersatz für Kapern.

Der Essigbaum dagegen stammt aus dem östlichen Nordamerika und Kanada, wurde um 1620 in Europa eingeführt und ist hierzulande ein weit verbreitetes und äußerst verbreitungsfreudiges Ziergehölz. In seiner Heimat war der Essigbaum für einige Indianerstämme von medizinischer Bedeutung. Seine Wurzeln dienten als Mittel zur Blutstillung, die innere Rinde zur Herstellung einer hellgelben Farbe für die Kriegsbemalung oder das Färben von Stoffen. Das Ziergehölz wächst bei uns als Strauch bzw. kleiner Baum mit Wuchshöhen von meist 3 bis 5 Metern. Aus flachwachsenden Wurzeln kann er zahlreiche Jungtriebe bilden, die sich bei unkontrolliertem Wachstum zu Dickichten entwickeln und bis über zehn Meter vom Stamm entfernt wuchern können. In seinem natürlichen Verbreitungsgebiet kann er ein bis zu 12 Meter hoher, mehrstämmigen Baum werden. Der Essigbaum blüht im Frühsommer nach dem Austreiben der Blätter. Die Blüten stehen in auffälligen, endständigen, aufrechten, pyramidalen, gelb-grünen Rispen eng zusammen. Die im Herbst reifenden Früchte sind trockene, rötlich behaarte Steinfrüchte. Dieser Haarpelz hat einen essigartigen Geschmack, weshalb die Früchte von den Indianern zur Essigherstellung benutzt worden sein sollen und was zur Namensgebung führte.

 

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zuletzt bearbeitet am 17.VIII.2021