14. Juli 2022

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Kaisermantel ist Schmetterling des Jahres

 Joachim Schmitz

Der Kaisermantel (Argynnis paphia) gehört zur Familie der Edelfalter (Nymphalidae). Hierzu gehören einige bekannte Tagfalter wie Kleiner und Großer Fuchs, Tagpfauenauge, Admiral und Trauermantel.

Im engeren Sinne ist er ein Perlmuttfalter (Argynnini). Die haben ihren Namen von den perlmuttfarbenen Flecken auf der Flügelunterseite. Die Oberseite zeigt zahlreiche dunkle Flecken auf gelbem bis dunkelorangem Hintergrund. Die meisten Perlmuttfalter sind schwierig zu bestimmen, weil sie sich nur in Details des Fleckenmusters unterscheiden. Der Kaisermantel ist aber auch von Laien erkennbar, weil er durch seine schiere Größe sehr auffällig ist. Die Spannweite kann bis zu 74mm betragen. Damit ist er einer der größten Schmetterlinge der heimischen Fauna.

In eigenartigem Kontrast zur Größe der Falter sind die bevorzugten Futterpflanzen für die Raupen kleine Veilchen. Da er nicht nur an heimische Arten sondern auch an das häufig verwilderte März-Veilchen (Viola odorata) geht, hat er noch kein Problem, passende Futterpflanzen zu finden. Zuerst werden aber die Eier in der Nähe der Futterpflanzen in Borkenritzen, z.B. von Eichen oder Kiefern, gelegt. Nach 2 Wochen schlüpfen die Raupen, die nur ihre Eischale fressen und in diesem Zustand überwintern. Im Frühjahr steigen sie dann zu ihren Futterpflanzen herab. Hier wachsen sie schnell zu knapp 4cm langen Raupen heran. Sie sind schwarzbraun mit feiner Strichzeichnung und bizarren Dornauswüchsen auf dem Rücken. Ende Mai verpuppen sie sich an der Futterpflanze.

Die erwachsenen Falter fliegen in 1 Generation von Juni bis September. Bevorzugte Biotope sind Waldverlichtungen, Waldränder und -wege. Neben typischen Tagfalterblumen wie Disteln, Kletten und Flockenblumen besucht der Kaisermantel auch gerne Brombeeren. Er kommt in Höhenlagen bis 1000m vor.


Der große Falter verdeckt die Blüte der Skabiosen-Flockenblume fast ganz.

Andere Perlmuttfalter sind stärker gefährdet oder stehen gar kurz vor dem Aussterben. Trotzdem wurde der Kaisermantel zum Falter des Jahres gekürt. Er steht als Symbol für intakte Waldbiotope, die vor allem durch den zunehmenden Flächenverbrauch bedroht sind. Auf der Seite des Umweltministeriums NRW (www.umwelt.nrw.de/umwelt/umwelt-und-ressourcenschutz/boden-und-flaechen/flaechenverbrauch) kann man lesen: „In Nordrhein Westfalen gehen im langjährigen Mittel täglich rund 10 Hektar wertvolle Natur- und Freifläche verloren. Die Siedlungs- und Verkehrsfläche nimmt inzwischen bereits einen Anteil von rund 23,5 % an der gesamten Landesfläche ein.“ Also 10 Hektar TÄGLICH verschwinden einfach! Das sind 100.000m² , z.B. ein Rechteck von 200x500m, und das nicht im Brasilianischen Regenwald sondern vor unserer Haustür.

Dies kann man an der regionalisierten Roten Liste veranschaulichen. 1999 wurde der Kaisermantel pauschal als gefährdet (Stufe 3) eingestuft. In der jüngsten Version von 2021 gilt er in der Eifel und im Sauerland als ungefährdet, im Bergischen Land und in der Niederrheinischen Bucht als gefährdet (3) und am Niederrhein sogar als vom Aussterben bedroht (1). An der Höhenlage kann es nicht liegen, denn die Art ist kein ausgesprochener Mittelgebirgsfalter und steigt nicht über 1000m. Der Grund ist wohl eher in der zunehmenden Ausräumung der Landschaft zu suchen. Das Bergische Land ist stark durch den Wohnungsbau für Pendler nach Köln zersiedelt. In der Niederrheinischen Bucht ist der Flächenverbrauch sowohl durch Siedlungen als auch gewerbliche Nutzung und ein dichtes Verkehrswegenetz bedingt. Am Niederrhein sind schon seit längerem nur Wälder stehen gelassen worden, deren Böden für eine landwirtschaftliche Nutzung zu schlecht waren.

 

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zuletzt bearbeitet am 1.VIII.2022