25. Aug. 2022

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Naturstoff Kork

 Joachim Schmitz

Jetzt steigt wieder die Zeit der Weinfeste, bei denen jede Menge Flaschen entkorkt werden, aber die Wenigsten machen sich Gedanken, wo der Kork eigentlich herkommt.

Um das zu erklären, muss ich mit einem Schnellkurs in Pflanzenanatomie anfangen: Das Dickenwachstum von Holzgewächsen geht vom Kambium aus. Das ist eine wenige Zellen starke Schicht, die sowohl nach innen wie nach außen ständig Tochterzellen abgliedert. Nach innen werden Holzzellen produziert, die zunächst der Wasserleitung von den Wurzeln nach oben dienen und dann durch Einlagerung von Lignin verholzen, dadurch absterben und den Baumstamm mechanisch stabilisieren.

Der nach außen abgegebene Bast dient ebenfalls der Wasserleitung, allerdings in die umgekehrte Richtung. Hier wird der in den Blättern gewonnene Zuckersaft in die unteren Pflanzenteile geleitet.

Das Dickenwachstum nach innen ist für die Pflanze kein Problem, weil das Kambium mitwächst, wohl aber der Zuwachs nach außen. Der Umfang wird immer größer, und irgendwann muss die Rinde platzen. Deshalb bilden sich neue Teilungsgewebe, zuerst in der primären Rinde, später auch im ausgedienten Bast. Diese Korkkambien bilden jetzt neue Zellen, die durch Einlagerung von Suberin zum Kork werden. Ähnlich wie beim Holz sterben die Zellen dadurch ab und werden zur braunen Borke. Das Korkkambium kann sehr unterschiedlich verteilt sein; bei Kiefern ist es plattenförmig ausgebildet. Bricht man so eine Platte ab, kann man auch mit bloßem Auge die Schichten mit der dunklen Borke und dem hellen Kork erkennen. Sie brauchen da keine Skrupel zu haben; beide Schichten sind schon abgestorben.

Kork bilden also alle Bäume. Es gibt aber nur eine Art, bei der das wirtschaftlich interessant ist, das ist die Kork-Eiche (Quercus suber). Bei dieser Art bildet das Korkkambium einen durchgehenden Zylinder um den Stamm und wächst jahrelang weiter. Dabei entsteht zunächst der brüchige „Jungfernkork“. Nach 15-20 Jahren wird dieser vorsichtig abgehoben, was die Bildung eines neuen Korkkambiums auslöst, das nun nutzbaren Kork produziert. Nach etwa 10 Jahren ist der Kork 5-8cm dick und wird erneut vorsichtig abgehoben. Dadurch bildet sich wieder neues Korkkambium. Das geht dann immer so weiter, bis die Bäume nach ca. 150 Jahren erschöpft sind.

Feld-Ahorn mit Korkleisten

Der frische Kork wird erst getrocknet und dann in Wasser aufgekocht, was ihm die gewünschte Elastizität verleiht. Anschließend wird der Kork weiterverarbeitet, z.B. zu Flaschenkork ausgestanzt.

Die Korkeiche stammt aus dem westlichen Mittelmeerraum. Die langen Umtriebszeiten passen nicht so recht in die moderne Turbolandwirtschaft. So wird Kork auf dem Weltmarkt zusehends knapper. Deshalb denkt man über Alternativen nach. Beim Wein setzt sich immer mehr der Drehverschluss durch. Traditionalisten ist das ein Dorn im Auge; das Entkorken der Weinflasche gehört für sie einfach zum Ritual dazu. Dass der Wein durch den Kork „atmet“, ist allerdings ein Mythos. Wenn renommierte Weingüter ihre Flaschen verkorken, aber dann mit einer Metallkapsel oder Siegellack luftdicht abschließen, kann das mit dem Atmen nicht so weit her sein.

Übermäßiges Korkwachstum gibt es auch bei heimischen Gehölzen, allerdings nie so stark wie bei der Kork-Eiche und auch nicht ringsum sondern immer nur in Leisten. Beim Feld-Ahorn und der Feld-Ulme sind das erbfeste Varietäten.

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zuletzt bearbeitet am 5.X.2022