2. Febr. 2023

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Wie schlafen eigentlich Tiere?

Ruth Gestrich-Schmitz

Bei dem in dieser Jahreszeit oft so trüben Wetter möchte man morgens am liebsten im Bett liegen bleiben. Da haben es die Tiere, die Winterschlaf halten, besser, sie müssen sich darüber keine Gedanken machen. Winterschlaf ist eigentlich kein richtiger Schlaf, sondern eine Schutzfunktion des Körpers, bei dem Herzschlag und Atmung extrem verlangsamt ablaufen und die Körpertemperatur sehr niedrig ist, um über längere Zeit Energie zu sparen. Eine wirkliche Definition von Schlaf hat die Wissenschaft bis heute nicht konkret fassen können, doch es gibt drei ausschlaggebende Kriterien, die diesen Zustand beschreiben: Man reagiert vermindert und/oder verzögert auf äußere Reize, im Gegensatz zum Winterschlaf wird man schnell wieder wach, und Schlaf bringt den Organismus relativ zügig zurück ins Gleichgewicht.

Nicht nur Menschen, auch Tiere müssen entspannen und schlafen. Das machen sie auf ganz unterschiedliche Weise. Manche Vögel wie der Fregattvogel fliegen wochenlang über dem Meer ohne Zwischenlandung und legen dabei nachts kurze Schläfchen ein, wenn sie sich von Luftströmungen in die Höhe tragen lassen. Die Grasmücken können nicht im Fliegen ruhen, sie legen auf ihrer Reise Zwischenstopps ein und wählen ihre Schlafposition offenbar zwischen Alarmbereitschaft und Energiesparmodus: Wissenschaftler aus Wien beobachteten, dass die kräftigeren Vögel eher mit geradem Hals und nach vorn gerichtetem Blick schlummerten, während geschwächte Tiere den Kopf ins Gefieder steckten.

Delfine müssen als Säugetiere immer wieder an die Wasseroberfläche schwimmen, um Luft zu holen. Wie können sie da schlafen? Der Trick ist der sogenannte Halbseitenschlaf: Eine Gehirnhälfte ist inaktiv, die andere bleibt wach. Nach einiger Zeit wird dann gewechselt. Auch Reptilien und Vögel besitzen diese Fähigkeit, wobei immer ein Auge geöffnet bleibt. Somit sind sie jederzeit reaktionsfähig, um auf feindliche Angriffe reagieren zu können.

Pferde sind von Natur aus Fluchttiere und ständig alarmbereit. Deshalb schlafen in einer Herde nie alle Wildpferde gleichzeitig und nie über eine längere Zeit. Sie können im Stehen dösen, eine Phase zwischen Wachsein und Schlaf. Im SWS-Schlaf (Slow-Wave-Sleep), meist in Brustlage, sind Atem- und Herzfrequenz verlangsamt, die Reaktionsbereitschaft ist aber aktiv. Beim REM-Schlaf (Rapid-Eye-Movement, die Augen zucken unter den Lidern), liegend in Seitenlage, sind Herz- und Atemfrequenz noch weiter zurückgefahren, die Muskeln entspannen völlig. Auch Giraffen können im Stehen schlafen, was ihnen eine schnelle Flucht erlaubt. Komplette Muskelentspannung ist jedoch nur im Liegen möglich.

Insekten schlafen, indem sie bewegungslos verharren. Küchenschaben beugen ihren Kopf nach unten, stützen die Fühler auf und ruhen bis zu vierzehn Stunden tagsüber in ihren Schlupfwinkeln. Selbst Tiere ohne Gehirn wie die Mangrovenqualle mit ihrem einfachen Nervengeflecht legen offenbar mal ein Nickerchen ein: Ihre rhythmischen Muskelbewegungen stellt sie nachts ein.

Eine außergewöhnliche Schlafposition nimmt die Fledermaus ein. Man fragt sich, wie sie kopfüber hängen kann und nicht herunterfällt. Dafür sorgt eine Sehne in ihren Beinen, die von der Kralle bis zum Knie reicht. Hängt sich die Fledermaus irgendwo fest, rastet die Sehne an speziellen Widerhaken ein und das Tier kann völlig entspannt ruhen. Vögel fallen beim Schlafen auf dem Baum nicht herunter, weil sie ein Greifreflex davor schützt: Wenn sie in die Hocke gehen, spannt sich automatisch eine Sehne im Fuß, die die Zehen fest zusammenzieht. Reiher, Enten oder Flamingos sieht man häufig auf einem Bein stehend schlafen. Untersuchungen an Flamingos haben gezeigt, dass sie das Körpergewicht passiv ohne Muskelkontraktion auf einem Bein halten können. Mit einem Bein im Gefieder verringern sie auch noch ihren Wärmeverlust über die Füße. Wie gut, dass wir Menschen dafür die Bettdecke haben.

 

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zuletzt bearbeitet am 2.III.2023