16. Febr. 2023

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Hirse, ein Kraftpaket aus der Schatztruhe der Natur

Astrid von Reis

Kraft, Ausdauer, Energie und auch Schönheit sind nicht nur in der Karnevalszeit mit langen und durchtanzten Nächten gut zu brauchen. Auf der Suche nach diesen Merkmalen eines „Superfoods“ kommt man an den „kleinen kostbaren Schönheitsperlen“, den Samen des Spelzgetreides Hirse nicht vorbei.

Die Hirse stammt wie ihre Verwandten, Weizen, Gerste, Hafer, Mais, Reis und Roggen aus der Familie der Süßgräser (Poaceae). Hinsichtlich ihrer reichhaltigen und wichtigen Nährstoffe und der Bedeutung für die Gesundheit hebt sie sich allerdings von den Familienmitgliedern ab. Nomen est omen: Ihr Name „Hirse“ ist aus dem althochdeutschen „hirsi“ entstanden, welches aus einer indogermanischen Wortwurzel stammt, die mit Wachstum, Sättigung und Nahrhaftigkeit zu tun hat.

Der Begriff Hirse ist ein Sammelname. Zu den Hirsen gehören zahlreiche kultivierte und genutzte Arten aus zwölf Gattungen.

Zu den wirtschaftlich bedeutenden Hirsen gehören die Sorghumhirsen mit größeren Körnern. So vor allem Sorghum bicolor (L.) Moench, die Mohrenhirse, die ursprünglich aus Äquatorialafrika stammt und im Wuchs an Mais erinnert. Und daneben die Millethirsen, auch Kleine Hirsen genannt, mit relativ kleinen Körnern. Zu den letztgenannten gehören etwa die Rispenhirse (Panicum miliaceum L.), die Kolbenhirse (Setaria italica (L.) P. Beauv.) und auch die Zwerghirse oder Teff (Eragrostis tef (Zucc.) Trotter). Insgesamt 30,1 Millionen Tonnen Millethirsen (die größten Produzenten sind Indien, China und Niger) und 61,4 Millionen Sorghumhirsen (Hauptanbaugebiete sind in den Vereinigten Staaten, Nigeria und Indien) wurden im Jahr 2021 weltweit produziert.

Wie alle Mitglieder der Familie der Süßgräser haben auch die Hirsen eine typische grasartige Gestalt, sind schlankwüchsig, haben durch Knoten (Nodien) gegliederte Halme und längliche, spitz zulaufende Blätter. Sie besitzen unauffällige und einfache Blütenstände mit meist Teilblütenständen (Ährchen), die Früchte (umgangssprachlich oft als Körner bezeichnet) sind Karyopsen (trockene Schließfrüchte).

In Europa spielte vor allem die Rispenhirse und untergeordnet die Kolbenhirse (heute noch gut bekannt als Vogelfutter) eine Rolle. Wahrscheinlich sind sie die ältesten mitteleuropäischen Getreide. Die Rispenhirse (Halm bis ein Meter hoch, Blütenstand eine lockere, reichästige Rispe) stammt vermutlich aus den wärmeren Gegenden Zentralasiens und ist etwa seit der mittleren Bronzezeit in Europa. Die Kolbenhirse (Halm bis 150 Zentimeter hoch, ährenrispiger Blütenstand) stammt wahrscheinlich aus China und ist seit der Jungsteinzeit in Mitteleuropa bekannt.

Hirse galt auch im Mittelalter als wichtiges Nahrungsmittel. Aus Hirsemehl wurde gelegentlich Brot gebacken und hauptsächlich Brei gekocht, was sich in vielen Erzählungen wiederfindet. „Eine alte Frau (....) schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollt es sagen: ‚Töpfchen koche‘, so kochte es guten süßen Hirsenbrei, und wenn es sagte ‚Töpfchen steh‘, so hörte es wieder auf zu kochen.“ Wer kennt es nicht, das Grimm’sche Märchen „Der süße Brei“.

Verdrängt wurde die Hirse durch die Einführung von Kartoffeln und Mais. Der Hirseanbau in Deutschland wurde bedeutungslos, was auch mit der Abkehr von der Breinahrung zu tun hatte, galt sie doch als „Brot des armen Mannes“.

Doch Hirse ist ernährungsphysiologisch ein Schatz, wird hierzulande wieder mehr angebaut und bereichert unser Essen zum Beispiel in Aufläufen, als Salatbeigabe, Hirsotto, Backlingen oder Breien.

Die schnell sattmachende Hirse mit im Verhältnis wenig Kalorien hat auch ein enormes Plus für alle, die auf Gluten achten müssen, denn sie ist glutenfrei. Hirse hat überdurchschnittlich viel an Silizium zu bieten, welches wichtig unter anderem für die Haare, Fingernägel, Zähne, Haut, Knochen, Knorpel, Bindegewebe, das Immunsystem ist. 75 Gramm Hirse decken den Tagesbedarf an Silizium.

Und auch hinsichtlich Eisen, Magnesium, Eiweißen, ungesättigten Fettsäuren, Spurenelementen spielt sie im Vergleich mit anderen Getreidesorten ganz vorne mit.

 

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zuletzt bearbeitet am 2.III.2023