8. Juni 2023

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Gärten entspannen den Körper, öffnen Geist und Seele

 Karl Josef Strank

Gärten haben eine ausgesprochen positive Wirkung auf uns Menschen. Seit Urzeiten sind sie Sehnsuchtsorte, die wir gerne aufsuchen oder Ursprungsorte, die wir als Abbild des Gartens Eden mit uns herumtragen und das mal mehr oder weniger paradiesische Ausmaße annimmt. Gärten lassen uns nicht kalt. Sie wärmen unsere Seele, weil sie unsere Sinne auf so vielfältige Weise angreifen. Ein Wald hat eine stark beruhigende Wirkung. Die vorherrschende Farbe grün entspannt unseren Körper, lässt den Blutdruck und die Herzfrequenz sinken, wir atmen freier die reine und sauerstoffreiche Luft und empfinden die kühle und schattige Atmosphäre als angenehm. Die unbarmherzige Hitze der Sonne ertragen wir nur begrenzt und ungern. Orte, die wir gerne aufsuchen sind kühl und schattig. Die beruhigende Wirkung der Farbe grün kannten auch die Planer des Aachener Universitätsklinikums und haben deswegen die Flure grün gestaltet. Dass sich dennoch viele im Uniklinikum unwohl fühlen, muss mit der labyrinthischen Struktur der Architektur und anderen Umständen zu tun haben.

Menschen und Gärten sind im Laufe einer langen Entwicklung eine geradezu symbiotische Verbindung eingegangen. Beide sind nicht ohne einander zu denken, beide profitieren auch voneinander. Lange glaubte man, dass vor Kolumbus in den südamerikanischen Tropen nur wenige Indiogemeinschaften aus dem reichen Nahrungsbestand des Urwalds von der Hand in den Mund lebten. Neuere Forschungen zeigen, dass in der Umgebung der Siedlungen sehr ertragreiche Urwaldgärten eine große Bevölkerung ernähren konnten. Eingeschleppte Krankheiten der Europäer zerstörten diese Kultur. Der intensive Terrassenanbau in den Hochlagen der Anden hat unseren Speiseplan seit der Entdeckung Amerikas u.a. mit Sonnenblume, Tomate und Kartoffel bereichert.

Kurzum, die gärtnerische Tätigkeit liegt in der Natur des Menschen. Wenn wir uns dieser Aufgabe hingeben, nehmen wir den intensiven Kontakt mit unseren Lebensgrundlagen auf, wir erden uns und widmen uns einer höchst sinnvollen Aufgabe. Leider ist der Beruf des/r Gärtners/in in Misskredit geraten. Es hieß früher: Wenn er/sie nix lernt, kann er/sie ja immer noch Gärtner/in werden. Diese Geringschätzung wird der zentralen Bedeutung dieses Berufes für unser Leben und Überleben nicht gerecht.

Die gärtnerischen Tätigkeiten sind vergleichsweise einfach und körperlich nicht sonderlich schwer. Da die Arbeiten knieend, niedrig sitzend und in gebeugter Haltung ausgeführt werden, verursacht das zwar mit zunehmendem Alter Rückenprobleme, denen man aber mit der richtigen Haltung, aufrechter, gerader Rücken und Heben aus den Knien, vorbeugen kann. Bei der Gartenarbeit sind die Hände beschäftigt und die Gedanken können fliegen. Mitunter nimmt das Ganze meditativen Charakter an, was den Körper entspannt und beruhigt. Das Arbeiten im Garten wird daher als Unterstützung bei Psychotherapien für Menschen mit depressiven oder traumatischen, krankhaften Störungen eingesetzt. Neben dem Jäten des sogenannten Unkrauts sind es vor allem das Säen, das Pflanzen vorgezogener Gemüse und Kräuter, die achtsame Pflege und schließlich die Ernte in eigener Verantwortung, die den Zyklus des Lebens anschaulich greifbar nachvollziehen lassen und Körper und Geist neu verorten. Die Erfolge dieser unterstützenden Gartentherapie sind erstaunlich und geben den Anwendern Recht, auf diese Weise bei den Patienten die Physis und die Psyche wieder zur Deckung und damit zur Einheit zu bringen. Schon in der Antike entwickelten bekanntlich die Philosophen ihre zeitlosen Gedankenwelten in Gärten.

Bei dem aktuell herausfordernsten Problem unserer Zeit, dem Klimawandel durch geeignete Maßnahmen zu begegnen, spielen Gärten eine nicht unbedeutende Rolle. Entweder verschärfen sie das Problem (Hitzestau in Beton-, Stein- und Schottergärten) oder sie werden als kleine Ökosysteme verstanden und als kühlende grüne Oasen gehegt und gepflegt. Gärtner haben die Wahl, ihren kleinen positiven Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten.

 

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zuletzt bearbeitet am 2.VII.2023