6. Juli 2023

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


„Römisch Kole“, pikantes Salatkraut mit langer Tradition

 Astrid von Reis

Ja, zugegeben, geläufig ist dieser Name nicht mehr. Er stammt aus dem Mittelhochdeutschen. Doch der Name weist sehr schön auf die Familienzugehörigkeit und die Herkunft hin. Die „Römisch Kole“ nennen wir heute Garten-Senfrauke (Eruca vesicaria ssp. sativa, eine Unterart von Eruca vesicaria L.) und ist noch viel bekannter unter ihrem italienischen Namen „Rucola“. Sie gehört zu den Kreuzblütlern beziehungsweise Kohlgewächsen (Brassicaceae) und ihre Herkunftsgebiete liegen vor allem im Mittelmeerraum.

Die Stängel der aufrecht wachsenden einjährigen krautigen Pflanze können bis 60 Zentimeter hoch werden. Die Pflanze bildet asymmetrische, leierförmig-fiederteilige Blätter mit grob gezähnten oder fiederspaltigen Abschnitten aus. Die wechselständig stehenden Stängelblätter sind kleiner als die Grundblätter. Endständig, in einem lockeren traubigen Blütenstand stehen die im Durchmesser bis vier Zentimeter breiten Blüten mit vier cremeweißen, purpurn geäderten Kronblättern. Als Bienenweide sind die Blüten bei Insekten sehr beliebt.

Nach der Befruchtung entstehen schlanke, aufrechte und bis 35 Millimeter lange Schoten mit ölhaltigen Samen, die das Rauken- oder Jambaöl liefern. Es wird heute hauptsächlich für industrielle Zwecke verwendet und hat der Pflanze auch den Namen Ölrauke eingebracht.

Eruca war schon bei den alten Griechen und Römern sehr geschätzt, sie aßen die zarten Blätter roh im Salat oder als kurz gegartes Gemüse. Die therapeutische Seite der Küchenkräuter war früheren Generationen geläufiger als heute, so wurde sie nicht nur als Nahrungsmittel, sondern auch medizinisch und sogar als Aphrodisiakum verwendet. Dioskorides schrieb in „De Materia medica libri quinque“ im 1. Jahrhundert nach Christus, dass „diese, roh und in großen Mengen verzehrt, die Fleischeslust weckt, und ihre Samen eine ähnliche Wirkung haben, harntreibend sind, die Verdauung verbessern, und dem Bauch guttun“.

Vermutlich die Römer haben die Kulturpflanze nach Mitteleuropa gebracht. Lange war sie dann in Vergessenheit geraten, erlebte jedoch vor nicht allzu langer Zeit im Zusammenhang mit dem Interesse an der italienischen Küche als Rucola auch in Deutschland eine Renaissance.

Die Blätter, aber auch die Blüten und Blütenknospen, werden gerne an Salate gegeben, finden sich auf Pizzen, zur Verzierung auf Platten und in Soßen wieder. In einer traditionellen Wildkräutermischung namens „mesclun“ aus der Gegend um Nizza, sind die Blätter wichtiger Bestandteil. Der Geschmack der Blätter ist markant: scharf, bitter, pfeffrig, kresseähnlich, nussig. Verantwortlich hierfür sind vor allem die Senfölglykoside. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, doch entweder wird Rucola als würzig, aromatisch, grandios oder als eigenartig unangenehm empfunden und ist nicht unbedingt gerne in aller Munde.

Von April bis September kann Rucola im Garten oder Balkonkasten ausgesät werden und das Essen mit vielen Vitaminen und pikantem Geschmack anreichern. Doch aufgepasst: Im Handel wird auch noch eine sogenannte Stauden-Rucola angeboten, eine Pflanze aus einer anderen Gattung aber gleichen Familie. Hierbei handelt es sich um den Schmalblättrigen Doppelsamen, auch Wilde Rauke oder Stinkrauke genannt (Diplotaxis tenuifolia (L.) DC). Die beiden Pflanzen ähneln sich im Geschmack und im Aussehen der Blätter. Die Blätter des Schmalblättrigen Doppelsamen sind allerdings schmaler und kleiner und im Geschmack milder. Muss die einjährige Garten-Senfrauke immer wieder neu gesät werden, so gehört die Wilde Rauke mit kleineren gelben Kreuzblüten zu den Stauden, sie ist mehrjährig und übersteht auch härtere Winter. Beide Pflanzen benötigen lockeren, nährstoffreichen, durchlässigen Boden. Dem Schmalblättrigen Doppelsamen kann man an geeigneten Standorten auch am Wegesrand begegnen, er ist in Mitteleuropa eine eingebürgerte Wildpflanze. Fehlt also noch der „Kick“ auf dem Butterbrot, so können die Blätter auch unterwegs sehr willkommen sein.

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zuletzt bearbeitet am 13.VIII.2023