20. Juli 2023

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Mit bis zu 250 Kilometern pro Stunde im Sturzflug

 Karl Josef Strank

Wenn es um Höchstleistungen im Tierreich geht, ist der Wanderfalke immer vorne dabei. Wenn er im Sturzflug seine Beute jagt, erreicht er eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Kilometern in der Stunde. Seine normale Reisegeschwindigkeit liegt zwischen 80 und 120 Kilometern. Schneller sind wir auch nicht, wenn wir etwa mit dem Auto auf längeren Strecken in den Urlaub fahren.

Der Wanderfalke ist kompakt gebaut, mit einer ausgeprägten breiten Brust. Sein Körper verjüngt sich nach hinten in einen schmalen Schwanz. Die Flügel setzen breit an und laufen zu den Enden spitz aus. Sein Rücken ist stahl- bis schiefergrau gefärbt. Die Unterseite ist weiß mit schwarzen Querstreifen. Der Kopf ist schwarz, Kehle und seitlicher Hals sind weiß, unter den Augen wieder schwarz, als trüge er einen „Backenbart“. Der Sterz ist wiederum grau mit schwarzen Querstreifen. Jungvögel sind im Grundton braun gefärbt. Die mächtigen Klauen verfärben sich von juvenil blaugrau zu leuchtend gelb bei den Altvögeln.

Die Männchen, auch Terzel genannt, sind kleiner als die Weibchen. Das trifft auf viele Greifvogelarten zu. Die Paare leben in monogamer Saison – oft auch in Dauerehe. Im Frühjahr werben die Terzel mit Beute, die sie in kunstvollen Flugmanövern in der Luft übergeben, um die Weibchen. Sie bauen kein Nest, sondern nutzen Felsnischen und -bänke als Brutplatz. Im Tiefland brüten sie auf hohen Bäumen und nutzen die verlassenen Horste anderer Greifvögel. An der Küste brüten sie auch am Boden, versteckt in den Dünen. Künstliche Felsen, die Wolkenkratzer Skyline der Metropolstädte, hohe Türme von Burgen, selbst die Riesenbagger der Braunkohletagebaue nehmen sie gerne an. Entscheidend ist das Nahrungsangebot. Ganz oben auf dem Speisezettel stehen Tauben. Als ausgesprochener Vogeljäger erbeutet er über 200 Arten, gelegentlich auch Fledermäuse. Oft tötet schon der Aufprall nach rasantem Sturzflug die Beute. Er rupft sie und frisst bevorzugt den Brustmuskel, die Flügel sind zu mühsam und unergiebig, weshalb bei den Überresten der Mahlzeit diese oft noch am Rumpf hängenbleiben.

Mitte März bis Anfang April legt das Weibchen drei bis vier Eier, die es an die 30 Tage bebrütet. In dieser Zeit versorgt das Männchen es mit Nahrung und später auch die Jungen, die etwa zehn Tage gehudert werden. Drei bis vier Wochen betteln die Jungen lautstark nach Nahrung, bis sie flügge werden. Danach locken die Eltern sie mit Beute aus dem Nest und übergeben sie im Flug, damit der Nachwuchs das Jagdverhalten erlernt. Der Familienverband löst sich Ende Juli bis Anfang August auf. Die Jungvögel müssen sich dann ein neues Revier und einen Partner suchen, was dann automatisch, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, zur Ausbreitung der Wanderfalken führt. Das ist heute wieder der Fall, war aber in den 60ern und 70ern des vergangenen Jahrhunderts nicht so.

Der Bestand schrumpfte auf 50 Brutpaare, die ihr Rückzugsgebiet auf der Schwäbischen Alb hatten. Abgelegene, ruhige, vogelreiche Wälder und Felsen sicherten ihr Überleben. Die Ursachen waren vielfältig. Taubenzüchter machten den Vogelräuber für die Verluste ihrer Lieblinge verantwortlich und stellten ihm nach. Unter Falknern galt er als brillanter „Beizvogel“ für die Jagd auf Feder- und Niederwild. Nester wurden geplündert und Jungvögel teuer verhökert. DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) war als Pestizid übermäßig in Gebrauch. Das gegen Insekten eingesetzte Gift reicherte sich in der Nahrungskette an und kumulierte an der Spitze der Nahrungskette bei Menschen wie auch Greifvögeln. Deren Eischalen wurden dünn und brüchig. Die Bruterfolge blieben aus.

DDT wurde verboten, Taubenzüchter, die um ihre Lieblinge fürchten, gibt es auch nicht mehr so viele und Naturschützer haben die Horste gegen Nesträuber bewacht und viele künstliche Nisthilfen in potenziellen Wanderfalkenrevieren angebracht. Greifvögel werden nicht mehr als „Raubvögel“ tituliert und stehen unter Artenschutz. Für die erfolgreiche Arterhaltung sind Wanderfalken ein Paradebeispiel.

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zuletzt bearbeitet am 13.VIII.2023