24. Aug. 2023

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Strandlingsrasen - extrem selten und gefährdet

 Joachim Schmitz

Strandlings-Gesellschaften (Klasse Littorelletea) besiedeln nasse oder länger überschwemmte Kies- oder Moorböden. Die Arten sind durchweg kleinwüchsig und konkurrenzschwach und werden z.B. bei Nährstoffeintrag in die Gewässer schnell von robusteren Wasserpflanzen-Gesellschaften verdrängt. Deshalb sind sie stark gefährdet und wurden von der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft zur Vegetation des Jahres 2023 ernannt.

Passende Standorte waren schon immer selten. Durch die üblichen Verdächtigen wie Versiegelung, Entwässerung und Aufdüngung aus der Luft (Stickoxide aus technischen Verbrennungen, Güllewirtschaft) hat sich die Situation verschärft. Dafür sind Truppenübungsplätze als Sekundärbiotope zu wichtigen Refugien geworden. Sie liegen mehrfach auf landwirtschaftlich nicht nutzbaren Ton- oder Sandböden. Durch schwere Fahrzeuge wird der Boden verdichtet, so dass sich in Gräben und Fahrspuren Regenwasser sammelt.

Ein bekanntes Beispiel ist die Wahner Heide am Köln-Bonner Flughafen. Hier wächst auch der namengebende Strandling (Littorella uniflora). Vorkommen westlich des Rheins gibt es nicht.

Ebenfalls ehemaliges Militärgelände ist die Teverener Heide nahe Geilenkirchen. Neben Heiden, Mooren und Zwischenmooren gibt es hier auch eine Strandlingsgesellschaft und zwar die der Vielstängeligen Sumpfbinse (Eleocharis multicaulis), das Eleocharitetum multicaulis. Das ist übrigens keine Binse sondern ein Sauergras. Das ist typisch für solche Standorte, dass hier Pflanzen wachsen, die irgendwie binsenartig aussehen, obwohl sie nicht näher mit den echten Binsen verwandt sind.

Das krasseste Beispiel hierfür ist der Pillenfarn (Pilularia globulifera). Wie der verwandte Kleefarn (Marsilea) produziert er ein vierteiliges Fiederblatt. Aber nur eine Fieder wächst nadelförmig in die Höhe, so dass das von oben wie eine Pfütze mit einem Rasen kleiner Binsen aussieht. Die übrigen drei Fiedern sind zu einem kugelförmigen Behälter verwachsen, in dem die Sporen gebildet werden. Um ihn zu sehen, muss man ihn allerdings schon aus dem Schlamm herauspulen. Das pillenartige Aussehen dieses Sporokarps hat dem Farn den Namen gegeben.

Den Pillenfarn und die von ihm begründete Gesellschaft Pilularietum globuliferae kenne ich nur aus der Drover Heide südöstlich Düren, auch einem ehemaligen militärischen Sperrgebiet, wo die Panzermanöver immer wieder neue Biotope für die konkurrenzschwache Pionierpflanze geschaffen haben. Heute ist die Drover Heide ein Naturschutzgebiet und es fehlt eigentlich ein Panzer, der mal hin und wieder ein paar neue Mulden gräbt.

Das Knöterich-Laichkraut (Potamogeton polygonifolius) besitzt zwar Schwimmblätter wie eine typische Wasserpflanze. Die Wuchsorte können aber auch über längere Zeit trockenfallen. Es kommt im Umfeld des Hohen Venns und in den Niederrheinischen Heidemooren vor. Dort bevorzugt es flache Moorseen und langsam fließende Gräben.

Häufiger ist nur die Zwiebel-Binse (Juncus bulbosus). Der Name bezieht sich darauf, dass der Grund des Stängels knollig verdickt sein kann. Neben den aufrechten Blütentrieben gibt es auch flach im Wasser kriechende Sprosse, an denen in regelmäßigen Abständen Tochterpflanzen entstehen. Die Zwiebel-Binse ist ökologisch weniger empfindlich und kommt deshalb nicht nur als Begleiter der vorgenannten Arten vor sondern oft auch alleine.

Die kugeligen Sporenbehälter des Pillenfarns sind hier freigelegt.

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zuletzt bearbeitet am 6.IX.2023