16. Nov. 2023

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Haltbar ohne Kühlung und ohne Konserve: Die Rosine

 Joachim Schmitz

Als es noch keine Konservendosen und erst recht keine Kühlschränke gab, war das Trocknen eine geläufige Methode zur Haltbarmachung von Lebensmitteln. Schon die archaischen Sammler und Jäger haben im Sommer die frischen Beeren von Wildreben gegessen und sie für den Winter zu Rosinen getrocknet. Mit dem Beginn der Landwirtschaft wurden auch Weinreben planmäßig angebaut. Irgendwann fing die saftige Masse einer größeren Ernte spontan zu gären an. Dann hat sich jemand getraut, den vermeintlich verdorbenen Saft zu probieren und war überaus angenehm überrascht. Aus Persien stammt die Sage, nach der eine depressive Sklavin durch den Genuss des ersten Weins geheilt wurde. Es bleibt aber dabei: Der Konsum von Rosinen ist älter als die Herstellung von Wein!

Rosinen ist die Sammelbezeichnung für getrocknete Weintrauben. Das geht im Prinzip mit jeder Sorte. Die Kerne schrumpfen aber bei der Trocknung nicht mit, was den Verzehr unangenehm macht. Deshalb haben sich zwei kernlose Rebsorten durchgesetzt.

Korinthiaki stammt aus Griechenland und hat ihren Namen nach der Stadt Korinth. Die Sorte ist sehr alt. Der berühmte Botaniker Jean Bauhin hielt sie 1651 für die von Plinius so genannte Graecula (lat.: die kleine griechische). Sie wird auch in der Vita Apollonii (Leben des Apollonius, 238 n.Chr.) von Philostratos erwähnt. Noch heute ist Griechenland mit 44.000ha das Hauptanbaugebiet, gefolgt vom Iran und der Türkei.

Korinthen sind die getrockneten Beeren dieser Sorte. Schon die Beeren sind ziemlich dunkel, fast schwarz. Korinthen sind sehr klein und leicht (Trockengewicht ca. 0,1g). Neben dem direkten Verzehr finden sie in der Küche Verwendung, bei uns vor allem in Weihnachtsgebäck und anderen Süßspeisen wie dem englischen Christmas Pudding oder dem niederländischen Krentenbrood. In Nordafrika gehören sie ganzjährig zur Küche, z.B. im Couscous.

In den 1940er-Jahren wurde versucht, wie sonst auch in der Landwirtschaft, die Erträge durch Einsatz von Kunstdünger zu steigern. Die Beeren wurden auch größer. Dummerweise entwickelten sich jetzt auch Kerne und so hat man das schnell wieder gelassen. Denselben Effekt konnte man auch experimentell durch Zugabe von Wachstumshormonen wie Gibberellinsäure erzielen.

Die zweite, heute weltweit verbreitete Rebsorte, ist Sultanina. Sie stammt vermutlich aus Kleinasien und ist heute die häufigste Rebsorte überhaupt, noch vor allen Sorten zur Weinerzeugung. Das macht sich auch in über 140 lokalen Namen bemerkbar, die aber alle nur Synonyme sind. Das größte Anbaugebiet ist heute Californien. Dort hat ein gewisser William Thompson die Rebe eingeführt, woraus sich das vielgebrauchte Synonym „Thompson Seedless“ ableitet.

Sultanina ist eine weiße Traube, die oft als Tafeltraube angeboten wird, bei uns eben meist unter dem Namen Thompson Seedless. Es wird auch Wein daraus hergestellt, aber nur als Grundwein für Spirituosen.

Was bei uns als Rosinen in den Handel kommt, sind heute ausschließlich Früchte der Sorte Sultanina. Sie trocknen etwa eine Woche in der Sonne. Sultaninen entstehen, wenn man die Beeren mit einem Gemisch aus Olivenöl und Pottasche (Kaliumcarbonat, K2CO3) behandelt. Dadurch löst sich die Wachsschicht auf der Frucht und die eigentliche Fruchthaut wird wasserdurchlässig. So trocknet die Beere schon in drei bis fünf Tagen und behält dabei ihre helle Farbe.

Rosinen werden für den Dresdener Christstollen und Kaiserschmarrn verwendet. Der Rheinische Sauerbraten wird durch sie gesüßt, in Venezien werden damit traditionell gebratene Sardinen süß-sauer mariniert.

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zuletzt bearbeitet am 10.XII.2023