7. Dez. 2023
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Von den Tropen ins Wohnzimmer- das Usambaraveilchen, mein unermüdlicher Dauerblüher
Ruth Gestrich-Schmitz
In Tansania entdeckte 1892 der deutsche Kolonialbeamte Walter von Saint Paul-Illaire im tropischen Regenwald des Usambara-Gebirges „eine kleine, violettblaue Blume niederen Wuchses“, die ihn an das Duftveilchen seiner Heimat erinnerte. Samen dieser Blume schickte er seinem Vater Ulrich von Saint Paul-Illaire, Pflanzenliebhaber und Mitbegründer der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, nach Deutschland. Hermann Wendland, ein Freund, und Hofgartendirektor der Herrenhäuser Gärten in Hannover, bestimmte die aus den Samen gezogene Pflanze als eine nicht zu den Veilchengewächsen, sondern zu den Gesneriengewächsen zugehörige Art. Er beschrieb sie 1893 erstmalig in der Gartenzeitschrift „Flora“ und in „Möllers Deutsche Gartenzeitschrift“ und gab ihr zu Ehren ihres Entdeckers den botanischen Namen Saintpaulia ionantha (ionantha - veilchenblütig). Ausgestellt auf einer belgischen Gartenschau erregte die neue Blume großes Aufsehen. Man begann sie zu züchten, und seitdem hat das Usambaraveilchen seinen Siegeszug um die Welt und in unsere Wohnzimmer angetreten.
Die Kulturform des Usambaraveilchens bildet größere Blätter und Blüten aus als die Wildform, die aufgrund genetischer Studien heute nicht mehr der Gattung Saintpaulia, sondern der Gattung Streptocarpus (Drehfrucht) zugeordnet wird. Je nach Sorte wird die Pflanze fünfzehn bis zwanzig Zentimeter hoch. Die rosettenförmig angeordneten, hell- bis dunkelgrünen, unterseits rötlichen, rundlichen, dickfleischigen Blätter fühlen sich wegen der vielen kleinen Härchen auf der Oberfläche samtig-weich an. Bei guter Pflege kann das Usambaraveilchen das ganze Jahr über blühen: blauviolett wie die Ursprungspflanze oder weiß, blau, rosa, rot. Mittlerweile sind mehrfarbige Blütenzüchtungen erhältlich, ungefüllt oder gefüllt, mit glattem oder gewelltem Rand. Man bekommt eine Vielfalt an Sorten in Gartenfachmärkten oder über das Internet.
Manche nennen das Usambaraveilchen eine Diva, weil es in der Pflege anspruchsvoll sein soll. Ich empfinde es eher als pflegeleicht. Die Pflanze liebt einen hellen Platz ohne direktes Sonnenlicht und lockere, leicht humose Erde. Was sie nicht mag, ist Wasser, dass auf ihren Blättern haften bleibt. Daher sollte man darauf achten, nur die Erde mit - möglichst kalkarmem - Wasser zu benetzen oder Gießwasser direkt in den Untersetzer oder unten in den Übertopf zu geben. Die Erde sollte gleichmäßig feucht gehalten werden, bloß keine Staunässe. Lieber zu wenig als zu viel gießen. Um die Blühfreudigkeit zu erhalten, empfiehlt es sich, sie vom Frühjahr bis zum Herbst alle zwei bis drei Wochen, im Winter alle vier Wochen mit Flüssigdünger zu verwöhnen. Die immergrüne Pflanze ist nicht winterhart. Sie gedeiht am besten bei Temperaturen zwischen 18°C und 20°C.
Möchte man das Usambaraveilchen vermehren, schneidet man einfach ein Blatt samt Stiel ab und steckt es in lockere, feuchte Erde. Innerhalb von sechs bis acht Wochen bilden sich Wurzeln und ein paar Wochen später neue, zarte Blätter.
Die gezüchteten Formen der ursprünglichen Wildblume zählen heute zu den am häufigsten gehandelten Zimmerpflanzen. An ihren natürlichen Standorten jedoch sind viele Arten von Saintpaulia/Streptocarpus bedroht, hauptsächlich durch die Rodung ihrer Nebelwaldlebensräume für die Landwirtschaft. „Die meisten Wildarten kommen heute nur noch in sehr kleinen Populationen in den Bergwäldern Ostafrikas vor und werden in botanischen Gärten vor dem Aussterben bewahrt“, so Peter Enz, Leiter des Botanischen Gartens der Universität Zürich.
zuletzt bearbeitet am 2.I.2024