11. Jan. 2024

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Zistrose, eine uralte Arzneipflanze

 Astrid von Reis

Das neue Jahr hat gerade angefangen. Erst stürmt und regnet es, jetzt ist die große Kälte da. Wieso also heute als Naturbeobachterin über eine Pflanze der immergrünen mediterranen Hartlaub- beziehungsweise Strauchheidenvegetation schreiben, was scheinbar gar nicht naheliegt?

Wie so oft liegt dies eher an den inneren Werten einer Pflanze. Winterzeit ist oft Erkältungszeit, und wie wohltuend können da heilkräftige Pflanzen sein. Da gehören seit Jahrtausenden verwendete Cistusarten der Pflanzengattung Zistrosen (Cistus L.) der Familie der Cistrosengewächse (Cistaceae) auf jeden Fall hinzu. Aufzeichnungen aus dem 4. Jahrhundert vor Christus weisen darauf hin, dass Cistus spp. schon für medizinische Zwecke genutzt wurde.

Die Zistrosen-Arten sind stark verzweigte, bis drei Meter hohe Sträucher, die Licht und Wärme lieben und mit trockenen, steinigen und nährstoffarmen Böden zurechtkommen. Vielfach ledrige und aus Schutz vor Austrocknung meist stark behaarte Laubblätter mit flachem oder eingerolltem Blattrand sitzen gegenständig an den Stielen. Die end- oder achselständigen Blüten sind radiärsymmetrisch, haben meist fünf bis sieben Zentimeter große, kurzlebige Kronblätter. Die Blütenfarben der meist ein wenig zerknittert aussehenden Kronblätter sind weiß, weiß-gelblich oder hellrosa- bis magentafarben. Im Zentrum der Blüte befinden sich verwachsene Fruchtblätter die von bis zu 150 Staubblättern umgeben sind. Die alten Griechen nannten die Sträucher Kisthos („kiste“ bedeutet Schachtel), die Römer Cisthos, welches auf die Form der Früchte zurückgehen soll. Es sind Kapselfrüchte, die im reifen Zustand verholzt sind und dann fast vollständig entlang der Fächerwände aufspringen und die vieleckigen Samen entlassen.

Das Hauptverbreitungsgebiet der Zistrosen erstreckt sich nahezu über den gesamten Mittelmeerraum, sie sind Gehölze der Macchia und Garigue. Sie sind effektiv an extreme Trockenperioden angepasst, indem sie Vegetationspausen einlegen, ihre Blätter abwerfen oder diese einrollen. Nach Bränden zeichnen sie sich durch eine schnelle Regenerationsfähigkeit aus, die Hitze unterstützt die Keimung der Samen, sie zählen zu den sogenannten Pyrophyten, also Pflanzen, die durch Feuereinwirkung gefördert werden.

Der Harzgeruch

Für viele Arten typisch ist der aromatische, balsamische Harzgeruch, den sie vor allem bei starker Sonneneinstrahlung verströmen. Ein Harz, das sogenannte „Ladanum“ tritt dann aus Zweigen und Blättern aus, welches schon seit der Antike auch zum Räuchern und in der Schönheitspflege diente. Cistusarten wie zum Beispiel Cistus ladanifer, C. albiflorus und C. maculatus sind besonders ertragreich, gerne wird das Harz in der Parfüm- und Seifenindustrie verwendet und steht hier als bester Ersatzstoff für das aus dem Darm des Pottwals stammende Ambra. In Frankreich und Spanien wird es gewonnen, indem man die Büsche mit Lederriemen peitscht, an denen die klebrige Substanz haften bleibt. Auf Kreta hingegen sollen heute noch Schafe und Ziegen in die Büsche getrieben und das im Fell hängen gebliebene Harz mit einer Harke, dem „ladanisterion“ herausgekämmt werden. Das Harz und Öl wird auch durch Auskochen von Blättern und Zweigen gewonnen.

Stellvertretend für die Heilwirkung der Cistrosen ist die hauptsächlich im östlichen Mittelmeerraum wachsende Cistus x incanus L. zu nennen. Beeindruckend ist der außergewöhnlich hohe Gehalt an Polyphenolen, sekundären Pflanzenstoffen, die hochwirksame Antioxidantien darstellen und freie Radikale unwirksam machen. Dazu Gerbstoffe, ätherische Öle und weitere Stoffe, die eine Wirkstoffkombination ergeben, die das Immunsystem stärkt, Bakterien- und Pilzwachstum hemmtund Viren am Eindringen in die Wirtszelle hindern soll. Die Pflanze hat für viel Wirbel unter Forschenden gesorgt: Die einen krönen sie als die Heilpflanze mit antiviralen Eigenschaften, andere negieren dies. Es ist interessant, ein Vertiefen in das Thema lohnt. Und auch das regelmäßige Trinken einer Tasse aromatischen Zistrosentees.

 

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zuletzt bearbeitet am 12.II.2024