22. Febr. 2024
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Fliegt, schwimmt und taucht: Die Wasseramsel
Karl Josef Strank
An unseren Bächen und Flüssen huscht gelegentlich ein Vogel vorbei, der kurz über der Wasseroberfläche fliegt. Kaum hat man ihn bemerkt, ist er auch schon wieder weg, bis er dann nach einer Weile plötzlich wieder auftaucht. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn er kommt aus dem Wasser. Das scheint sein Metier zu sein. Das unscheinbare Braun des Gefieders lässt an die Weibchen der Amsel denken. Es ist die Wasseramsel.
Schaut man genauer hin, erkennt man den charakteristischen weißen Kehlfleck. Sie ist kleiner und kompakter gebaut als eine Amsel und hat nur einen kurzen Schwanz. Weibchen und Männchen sehen gleich aus. Manche attestieren ihr eine „plumpe“ Gestalt mit auffällig kräftigen Beinen. Der Schnabel ist ebenso kräftig und läuft spitz zu. Das gibt einen Hinweis auf die Nahrung. Diese findet sie an schnell fließenden, ständig wasserführenden Gewässern, die einen hohen Sauerstoffgehalt aufweisen und von daher sehr sauber und wenig verschmutzt sein dürften. Naturnahe Bach- und Flussläufe mit Steinen, die als Ansitzwarte dienen, sind sehr wichtig. Gelegentlich brütet sie aber dennoch, wenn das Nahrungsangebot ausreicht, an stärker verbauten Flüssen, auch in Städten. Außerhalb der Brutzeit ist sie auch schon mal an Seen und Küsten anzutreffen. Das rein tierische Nahrungsspektrum, das sie mit dem spitzen Pinzettenschnabel greifen, ist vielseitig. Es reicht von Würmern über Gliederfüßer, Weichtieren wie Krebsen, Asseln, Spinnentieren, Insekten bis zu kleinen Fischen und Amphibien. Wichtige Anteile liefern Larven und Nymphen von Köcher-, Eintags- und Steinfliegen. Im Winter sind das vor allem Bachflohkrebse, Wasserkäfer, Wasserasseln, Schnecken und Strudelwürmer. Im Sommer und bei Hochwasser suchen sie in ufernahen Bereichen an Land nach Nahrung.
Die Wasseramsel ist dämmerungs- und tagaktiv. Häufig sieht man sie auf einem vom Wasser umspülten Stein oder direkt am Wasser stehen. Bei Erregung knickst sie auf und ab unter Flügelzucken und Aufstellen des Schwanzes. Man sieht sie auch kletternd an steilen Mauern und Überhängen. Sie kann mehrere Meter schwimmen und lässt sich dabei oft ein Stück in der Strömung treiben. Aus dem Wasser fliegt sie mühelos auf. Unter Wasser streckt sie die Flügel nie aus, diese liegen enger am Körper und werden kräftig angedrückt. Die Tauchgänge dauern im Schnitt drei bis vier Sekunden, maximal 14 bis 15 Sekunden. Auf dem Grund des Gewässers hält und stößt sie sich mit den kräftigen Beinen ab. Sie kann mit ihnen beim Schwimmen und Auftauchen auch paddeln. Zum Erspähen von Beute taucht sie auch nur mit dem Kopf in das Wasser ein.
Das Nest
Das Nest der Wasseramsel liegt in dunklen Mauer-, Felsritzen und Überhängen. Solange das Weibchen die Jungen hudert, übernachtet es dort. Das Männchen schläft in der Nähe. Die Nahrung wird in der Regel im Wasser gefangen, seltener am Ufer, noch seltener in der Luft. Wenn, wird die Beute von unten im Rüttelflug geschnappt.
Zur Brutzeit beansprucht und verteidigt das Paar ein Territorium. Dieses wird schon im Januar/Februar besetzt. Die Partner bleiben für die Saison zusammen. Das Männchen lockt das Weibchen durch Schwirrflug und Gesang zum Brutplatz. Geeignete Nistplätze werden oft über Jahrzehnte genutzt. Bevorzugt werden halbdunkle Stellen auf einer soliden Unterlage. Das können Kanten, T-Träger unter Brücken, Felsen, Wurzeln, Mauerlöcher sein, oft in einer Distanz unter zwei Metern zum Wasser. Das Nest ist eine mindestens 20 Zentimeter breite, runde Mooskugel mit einem seitlichen Flugloch. Ein Nistkasten für die Wasseramsel sieht von daher schon speziell aus. Es ist ein viereckiger länglicher Kasten mit seitlicher Öffnung. Es gibt auch halbhöhlenartige oder dreieckige Kästen mit Anflugloch von unten. Bauanleitungen sind im Internet zu finden. Im Durchschnitt werden fünf Junge aufgezogen, die nach 20 bis 24 Tagen flügge werden und erstaunlicherweise schwimmen können bevor sie die Flugfähigkeit erlangen.
Der Bestand der Wasseramsel ist weitgehend stabil. Gefährdungen ergeben sich vor allem durch Gewässerverbauung, Einleitung von chemie-, pestizidbelasteten Abwässern und Eutrophierung (Überdüngung).
zuletzt bearbeitet am 5.III.2024