6. Juni 2024

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Eine giftige Schönheit aus dem Pflanzenreich

 Veronika Bernhardt

Wenn es blaue Blüten regnet, dann ist die Blütezeit des Blauregens mit seinen wunderschönen, blau-violetten Blüten vorbei. Die duftenden Blüten der bis zu 30 Zentimeter langen Blütentrauben, die in üppiger Anzahl von oben herabhängen, sind verwelkt und rieseln zu Boden.

Der Blauregen wird auch Wisteria (nach dem deutsch-amerikanischen Arzt Caspar Wistar 1761 – 1818 ) oder Glyzine genannt und hat seine Hauptblütephase im Mai, wobei er die zahlreichen Blüten typischerweise vor dem Schieben der Laubblätter ausbildet. Unter guten Lebensbedingungen erfolgt im Juli oder August eine Spätblüte, allerdings mit deutlich weniger Blütentrauben als im Mai.

Vom Blütenaufbau her ist die Glyzine ein Schmetterlingsblütler wie zum Beispiel Erbse, Ginster, Goldregen oder die Lupine. Die Bezeichnung „Schmetterlingsblüte“ wurde zugeordnet, da ihre Blütenform in etwa einem Schmetterling ähnelt, wobei die typische Schmetterlingsform durch die besondere Form und Anordnung der fünf Kron- beziehungsweise Blütenblätter der Blüte entsteht. Da der Fruchtknoten dieser Blüten im reifen Zustand zweiklappig aufspringt (Hülse), zählt Wisteria auch zur Pflanzenfamilie der Hülsenfrüchtler.

Beim Blauregen handelt es sich um eine widerstandsfähige, kräftig wachsende Kletterpflanze, die nur im Sommer grün ist. Nach und nach verholzt sie und bildet eine sich auffällig windende Sprossachse aus. Je nach Art und Sorte können die Pflanzen eine Höhe von bis zu 30 Metern erreichen. Umschlingen sich ihre Stängel im Uhrzeigersinn, handelt es sich um einen Japanischen Blauregen (Wisteria floribunda), winden sie sich entgegen dem Uhrzeigersinn, so liegt der Chinesische Blauregen (W. sinensis) vor.

Die größte Wisteria Japans wurde 1870 gepflanzt und bedeckt heute 2000 Quadratmeter. Der chinesische Blauregen wurde 1894 gepflanzt, überwuchert inzwischen über einen Hektar Fläche und soll 250 Tonnen wiegen. Die größte bekannte Glyzine der Welt wächst in Kalifornien.

Keine der sechs bis zehn in Europa vorkommenden Wisteria-Arten ist hier heimisch, sondern sie stammen aus China, Australien, Nordamerika oder Ostasien. Allerdings wachsen sie an sonnigen, trockenen Standorten mit nährstoffreichem Boden auch in unseren Breiten gut und kommen ohne zusätzlichen Winterschutz aus.

Die Glyzine zählt zu den giftigen Schönheiten der Flora, denn Wurzel, Rinde, Früchte und besonders die Samen sind toxisch. In allen Pflanzenteilen finden sich Alkaloide, in Samen und Hülsen sind es besonders Lektine, und in Rinde und Wurzeln handelt es sich um Wistarin, ein giftiges Glykosid.

Vergiftungserscheinungen

Typische Vergiftungserscheinungen sind Magen- und Bauchschmerzen sowie Erbrechen und Durchfall. Gelegentlich kommt es zu Schlafsucht, Kreislaufproblemen oder Kollaps.

Bei Kindern können schon zwei verzehrte Samenkörner erste Vergiftungsanzeichen hervorrufen. Der Blauregen wurde zur Giftpflanze des Jahres 2024 gewählt!

In Europa werden die verschiedenen Wisteria-Sorten als Zierpflanzen verwendet, deren Knospen gerne von Sperlingen und anderen Vogelarten verzehrt werden, während sich Bienen und Hummeln an den Blüten bedienen. In Japan dagegen hat man aus den kräftigen Schlingtrieben der Japanischen Wisteria Brücken zum Überqueren von Flüssen gebaut, indem man die langen Lianen zusammengeflochten und Holzbretter eingefügt hat.

 

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zuletzt bearbeitet am 15.VII.2024