8. Aug. 2024

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Ein medaillenreifes Steinfrüchte-Team – die Himbeere

 Astrid von Reis

Himmlisch, es ist wieder Hochzeit der vielen leckeren heimischen Früchte und wir können aus einer aromatischen Vielfalt wählen, die meiner Vorstellung von Schlaraffenland gleichkommt. Mit dabei, bei vielen Menschen sogar im Ranking der Lieblingsfrüchte auf Platz eins: die Himbeere (Rubus idaeus L.) aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) mit einem unvergleichlichen Aroma.

Viele Himbeerarten wachsen weltweit auf sonnigen bis halbschattigen Standorten wie Waldlichtungen, an Waldrändern, Böschungen, auf Halden und Kahlschlägen sowohl im Flachland als auch im Gebirge und bevorzugen Bereiche mit hoher Luftfeuchtigkeit und kühlen Sommertemperaturen. Je kärglicher sie ihr Dasein fristen müssen, desto aromatischer schmecken ihre Früchte.

Die Pflanze ist ein sommergrüner, ein bis zwei Meter hoch wachsender Scheinstrauch mit krautigen, oft gebogenen und schwach stacheligen Sprossachsen (Stengeln). Die unpaarig gefiederten, gestielten Laubblätter (meist drei aber oder fünf Fiederblätter) sind oberseits dunkelgrün und wenig behaart im Gegensatz zur Unterseite, die hell erscheint durch eine weißfilzige Behaarung. Die relativ unscheinbaren Blüten stehen in lockeren, endständigen meist traubigen, vielfach behaarten oder stacheligen Blütenständen, haben fünf weiß bis rosa gefärbte Kronblätter, entsprechend fünfzählige, bei Fruchtreife zurückgeschlagene Kelchblätter, viele Staubblätter und je nach Sorte unterschiedlich viele Fruchtblätter. Die auf Fremdbefruchtung angewiesenen Blüten sind eine beliebte Bienenweide durch zuckerreichen Nektar und viel Pollen für zahlreiche Insekten. Entgegen ihres Namens handelt es sich allerdings bei der kugeligen bis konischen, ein bis zwei Zentimeter großen Frucht nicht um eine Beere sondern um eine Sammelsteinfrucht , bei der bis sechzig einsamige, zusammenhängende Steinfrüchte aus den einkammerigen Fruchtblättern entstehen. Sie sitzen auf einem gewölbten, kegelförmigen Blütenboden. Neben Blüten und Früchten sind auch die Blätter der Himbeere bei Tieren sehr beliebt: allein 54 Arten von Schmetterlingsraupen finden hier Nahrung.

Himbeeren sind schon seit langem „Begleiter“ des Menschen. Es gibt Funde von Himbeersamen bei Pfahlbauten aus der Steinzeit und Schriftgut aus dem hervorgeht, dass die alten Römer die Himbeere als Heilpflanze nutzten und die Himbeere ab etwa 350 nach Christus in Südeuropa kultiviert wurde. Um 1570 gelang es Mönchen, sie auch nördlich der Alpen zu züchten. Heute gibt es sehr viele unterschiedliche Sorten: rote, gelbe, rosa, schwarze und auch weiße Früchte und Pflanzen, die einmal oder mehrmals im Jahr fruchten.

Vermutlich aus dem altgermanischen ‚Hintperi‘, was so viel bedeutet wie ‚Beere der Hirschkuh‘ – wohl weil auch dieses Tier die Himbeere mit Vorliebe verspeist - wurde durch Lautangleichung der deutsche Trivialname ‚Himbeere‘. Darüber hinaus gibt es allein im deutschsprachigen Raum zahlreiche Volksbezeichnungen wie Hohlbeere (nach Abzug vom Blütenboden ist sie innen hohl), Himmere, Mutterbeerchen, Samtbeere, Wollbeere (wollig behaarte Unterseite der Blätter) die auf die weite Verbreitung und Nutzung weisen.

Aus den Gerbstoffhaltigen Himbeerblättern kann wohlschmeckender Tee zubereitet werden, der eine blutreinigende und fiebersenkende Wirkung hat und gut gegen Magen- und Darmbeschwerden ist. Durch die adstringierende Wirkung eignet sich kalter Tee sehr gut zum Gurgeln bei Schleimhautentzündungen in Mund und Rachen. Die Sammelsteinfrüchte sind seit uralter Zeit beliebt, nicht nur weil sie aromatisch (durch Himbeerketone) ein Hit sind. Durch Fruchtsäuren, Mineralstoffe, Glykoside, Polyphenole, Antioxidantien, Vitamine (Himbeeren stehen Zitrusfrüchten hier in nichts nach) haben sie auch einen hohen gesundheitlichen Nutzen, wirken fiebersenkend, fördern die Abwehrkräfte und die Wundheilung. Sie werden sehr gerne roh gegessen oder zu Saft, Sirup, Gelee, Kaltschale, Grütze und vieles mehr verarbeitet. Die Frucht: ein gelungenes Team vieler kleiner Steinfrüchte.

 

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zuletzt bearbeitet am 9.IX.2024