29. Aug. 2024

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Elche – imposante Hirsche mit riesigem Schaufelgeweih

 Karl Josef Strank

Einige werden den Spruch kennen: „Die größten Kritiker der Elche waren früher selber welche.“ Will sagen, dass die, die heute etwas besonders stark kritisieren, früher häufig selbst mit den gleichen Umständen zu kämpfen hatten. Das Elchdasein ist kein Zuckerschlecken. Auch der größte und auffälligste unter den heutigen Hirschen, muss sich täglich behaupten. Schiere Größe ist keine Überlebensgarantie, wie das Beispiel des eiszeitlichen Riesenhirsches zeigt, der ausgestorben ist.

Elche sind pferdegroß, hochbeinig, langköpfig, kurzhalsig und kurzschwänzig. Ihr Gang wirkt stacksig. Die Körper-Rumpf-Länge beträgt 240-310 cm, die Körperhöhe 180-235 cm, das Gewicht 300-800 kg. Das Geweih ist kurz angesetzt und meist als Schaufel ausgebildet, in seltenen Fällen mit bis zu vierzig Enden und über 20 kg Gewicht (Schaufler). Natürlicherweise kommen aber auch gegabelte Stangengeweihe (Stangler) vor. Jägern in Ostpreußen waren letztere im Sinne der Trophäenauslese aber nicht willkommen, so dass sie als „Hegemaßnahme“ Stangler lange Jahre abschossen. Die Nase ist sehr langgezogen und das Maul (Muffel) sehr breit mit einer überhängenden Oberlippe, die sehr beweglich ist. Die Männchen bilden am Hals eine wurstförmige Aussackung aus. Diese Halswamme verbreitert sich mit dem Alter und wird bärtig. Hinter dem kurzen Hals ist der Widerrist buckelartig erhöht. Die Haupthufe sind groß, lang und schmal, die Nebenhufe groß und breit, die Zehen sind weit spreizbar, was dem Gehen in sumpfigem Gelände sehr entgegenkommt. Elche sind gute Schwimmer. Ihre bevorzugte Nahrung sind die saftige Rinde von Ästen und Zweigen der Weichhölzer. Sumpf- und Wasserpflanzen mögen sie auch gerne, sie stehen dafür oft bis zur Brust im Wasser. Gräser und Moorpflanzen verschmähen sie auch nicht. Weniger mögen sie trockene Heidekräuter.

Die Brunft läuft bei Elchen sehr viel ruhiger ab als bei anderen Hirschen. Die kapitalen Männchen scharen nicht dutzende Weibchen um sich und verteidigen sie gegen Nebenbuhler. Hirsch und Kuh tun sich für eine Zeit zusammen und trennen sich dann wieder. Der Hirsch sucht sich dann eine neue Gefährtin. Die Tragzeit beträgt 35-38 Wochen, die Elchkuh führt dann ein bis zwei, selten drei Jungtiere. Die Kälber sind ungefleckt und gelbbraun. Geboren werden sie um den Mai und sind 70-80 cm hoch. Sie wachsen schnell und sind zum Ende des Jahres um die 150 cm groß. Fortpflanzungsfähig sind sie nach eineinviertel Jahren.

Elche begleiten die Menschen seit alters her. Sie wurden schon auf altsteinzeitlichen Felsenzeichnungen dargestellt. Die erste Beschreibung findet sich aber erst im „De bello gallico“ Cäsars. Was er über sie berichtet, klingt allerdings sehr seltsam (aktuell würde man sagen „weird“) und kann wohl als das älteste Jägerlatein der Geschichte bezeichnet werden. Er behauptet, Elche seien hornlos und hätten Läufe ohne Knöchel und Gelenke. Deswegen könnten sie sich nicht hinlegen und Gestürzte nicht wieder aufstehen. Sie lehnten sich an Bäume, um zu schlafen. Die listigen Germanen kerbten diese Schlafbäume ein, so dass die müden Elche, wenn sie sich anlehnten, zusammen mit den Bäumen umfielen und zur leichten Jagdbeute würden. Der wahre Kern dieser Geschichte ist wohl die Gewohnheit der Elche, starke Stämme durch Niedertreten abzubrechen, um an die dünnen jungen Zweige, Knospen und Blätter der Weichhölzer zu gelangen. Plinius steht in seiner Naturgeschichte Cäsar in Nichts nach, wenn er behauptet, Elche müssten wegen der breiten, überhängenden Oberlippe „rückwärts“ äsen. Mitnichten, die riesige, bewegliche und kräftige Oberlippe ist hervorragend geeignet, frische Blatttriebe abzubrechen oder bei älteren die Blätter abzustreifen.

Elche breiten sich auch bei uns im Osten wieder aus, ebenso wie der Wolf als potenzieller Feind. Ist zu befürchten, dass der Räuber das unterbindet? Ältere Untersuchungen aus Amerika zeigen, dass beide ein Gleichgewicht finden und überleben. Wölfe regulieren den Bestand und sorgen vielmehr für eine stabile und gesunde Population der Elche, denn sie erbeuten vor allem schwache und kranke Tiere.

 

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zuletzt bearbeitet am 9.IX.2024