7. Nov. 2024

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Weinbau wandert stetig nach Norden

 Karl Josef Strank

Die Weinkultur haben die Römer mit in den Norden gebracht. Damit ist sowohl der Anbau wie auch das Trinken und der Genuss des Weins gemeint. Denn zu Zeiten Cäsars waren die Provinzen Gallia und Germania in weiten Teilen Länder des Biers, dessen Genuss sich oft sehr in Grenzen hielt und die römischen Legionäre vermissten den Wein sehr. Den Römern war der Wein gleichsam heilig, denn er war wichtiger Bestandteil religiöser Rituale, was folgerichtig seinen Niederschlag auch im Christentum fand. Zwar pflanzten schon die Kelten Weinreben und verstanden sich aufs Keltern, aber mit den Legionen Roms intensivierte und verbreitete sich der Weinbau in Europa, so in der Wachau entlang der Donau, im Rheintal und entlang der großen Flüsse Galliens. Zeitweise gefährdete die Ausdehnung des Weinbaus die sichere Versorgung mit Getreide, was zum Verbot außerhalb Italiens führte, aber wegen mangelnder Kontrolle ohne Wirkung blieb. Endgültig hob Kaiser Probus das Verbot im Jahr 280 n.Chr. auf. Der gallische Dichter Ausonius gibt mit seinem Lobpreis der Mosel ein authentisches Zeugnis der Blüte römischen, zivilen, kulturellen und friedvollen Lebens gegen Ende des 4. Jh. n.Chr., vor den stürmischen Wirren und wechselvollen Zeiten der Völkerwanderung.

Als Karl der Große im Capitulare de villis die Wirtschaftsweise auf den Land- und Krongütern verbindlich festschrieb, legte er auch ein besonderes Augenmerk auf den Weinbau. Alle Güter, wo es die Bedingungen zuließen, sollten Wein anbauen, die anderen durch Kauf immer für einen genügenden Vorrat sorgen. Er regelte die Art der Rebstockerziehung und die Art der Kelterei („keiner unterstehe sich, unsere Weinernte mit den Füßen auszustampfen“). Wein war das Getränk des Adels und des Klerus, Bier das des einfachen Volks. In der mittelalterlichen Warmzeit, die nachweislich von etwa 950 bis 1250 andauerte, wurde Wein sogar im Norden an der Elbe angebaut. Der älteste in Deutschland angebaute und im Mittelalter häufigste Wein, den schon die Römer im Gebiet der Mosel kultivierten, ist der Elbling. Der Name leitet sich allerdings von lat. albus für „weißen Wein“ ab und hat keinen Bezug zur Elbe. Erst im 17. Jh. wurde der Elbling von den Sorten Riesling und Silvaner verdrängt. Er war früher auch deswegen sehr beliebt, weil er für reichen Ertrag sorgt, was allen, die den Zehnten in Wein entrichten mussten, sehr entgegen kam. Er ist heute noch an der Obermosel im Anbau. Der säurebetonte Weißwein schmeckt spritzig und fruchtig, ist unkompliziert, trocken, unverfälscht und eignet sich besonders auch zur Herstellung von Sekt.

Wein ist ein Gewächs des Südens und das passende Weinbauklima die Voraussetzung für den Anbau. Charakteristisch sind vor allem milde Winter, warme Sommer und ausreichend Sonnenstunden, die entscheidend zur Reifung der Trauben beitragen. In einem solchen Klima gedeihen auch andere frostempfindliche Pflanzen wie Aprikose, Pfirsich Esskastanie, Quitte etc. Je weiter im Norden werden diese Voraussetzungen nur an mikroklimatisch günstigen Standorten erreicht, die mittlere Rheinebene oder Täler mit sonnenexponierten Südhängen. Daher ist Weinbau im Ahrtal oder an Saale und Unstrut möglich. Der Klimawandel mischt aber die Karten neu. 1979 stiftete die Karnevalsgesellschaft „Trierer Heuschreck“ dem Aachener Pendant 100 Riesling-Rebstöcke. Aus steuerlichen Gründen wurden 99 am Lousberg gepflanzt und liefern in der Regel 50 – 70 Flaschen pro Jahr. Ebenfalls in den 70-ziger Jahren kehrte der Weinanbau in die Umgebung von Maastricht zurück. Angebaut werden Auxerrois, Riesling und Pinot-Gris, inzwischen auch erste rote Rebsorten. Die Qualität verbessert sich stetig und 2018 erhielt das Limburger Mergelland den Status der geschützten Ursprungsbezeichnung der Europäischen Union.

Kürzlich wurde auf der Bergehalde der ehemaligen Zeche Emil-Mayrisch in Aldenhoven-Siersdorf ein Weinberg gepflanzt. Die Dorfgemeinschaft in Baesweiler-Beggendorf hat an der Südseite der Dorfkirche 36 Rebstöcke von Esstrauben gepflanzt. Angekommen ist der Weinbau auch im Süden Englands. Erste Weingärten werden angelegt.

 

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zuletzt bearbeitet am 8.XII.2024