12. Dez. 2024
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Abschied von der weißen Weihnacht?
Karl Josef Strank
Zu Weihnachten wünschen und hoffen immer noch viele auf frostiges Wetter mit Schnee, der sich wie ein weißes Tuch über das Land legt. In einer kalten, sternenklaren Nacht wurde der Jesusknabe geboren, in der Krippe eines Stalls, umgeben von Hirten und Schafen auf dem Feld. Abgesehen von der Unbequemlichkeit eines Viehstalls für die Geburt eines Kindes eine unschuldige und friedliche Idylle. Historisch ereignete sich die Geburt auf einer Reise, die Joseph und Maria wegen einer Volkszählung, die der römische Kaiser Tiberius befohlen hatte, in ihre Heimatstadt Bethlehem unternehmen mussten. Dort fanden sie keine Herberge, deswegen der unbequeme Stall, und schlimmer noch, wegen der Verfolgung durch König Herodes waren sie kurze Zeit später auf der Flucht. Eine existentielle Bedrohung und bittere Erfahrung, die viele Menschen heute auch machen.
Die weiße Weihnacht hat also mit der Realität wenig zu tun, dafür sorgt alleine schon der Klimawandel. Immer öfter überraschen uns zu dieser stillen und ruhigen Zeit im Jahr Temperaturen wie im Frühling und zu Ostern, wenn „vom Eise befreit sind Strom und Bäche, Durch des Frühlings holden, belebenden Blick, Im Tale grünet Hoffnungs-Glück; Der alte Winter, in seiner Schwäche ...“ kommt dieser mit frostigem Sauwetter, Graupel und Schneematsch zurück. Der gewohnte Rhythmus der Natur gerät in Unordnung. Von unserer Natur als Menschen streben wir aber seit alters her nach Beständigkeit und Vorhersagbarkeit.
Die Wintersonnenwende am 21. Dezember ist von daher ein wichtiger Stichtag im Jahreslauf. Ab diesem kürzesten Tag auf der Nordhalbkugel der Erde bewegt sich der Nordpol wieder jeden Tag ein wenig mehr auf die Sonne zu. Die Sonne steigt wieder höher und die Tage werden länger. Der 25. Dezember ist das Datum der Wintersonnenwende nach dem antiken, auf Julius Cäsar zurückgehenden Kalender. Es ist der Tag, von dem an das Licht wieder Oberhand über die Finsternis gewinnt und die Römer Sol Invictus, den unbesiegten Sonnengott mit dem Strahlenkranz, verehrten und feierten. Die Ursprünge dieses Gottes reichen bis in den altpersischen Mithras-Kult zurück. Unter dem Kaiser Aurelian (270 bis 275 nach Christus) wurde Sol einer der ersten der römischen Staatsgötter. Aurelian erklärt ihn zum persönlichen Schutzherrn, lässt Münzen prägen und erbaut im Jahr 274 einen prächtigen Tempel zu Sols Verehrung. Diese Verehrung des Sonnengottes erlangt unter Kaiser Konstantin I. (306 bis 337 nach Christus) dann für das sich trotz harter Verfolgung ausbreitende Christentum eine überragende Bedeutung.
Ein halbes Jahrhundert später stellt ein syrischer Gelehrter fest: „Da nun die Lehrer der Kirche sahen, dass sich viele Christen zur Teilnahme an diesen Festen verleiten ließen, beschlossen sie, fortan am selben Tag das Fest der wahren Geburt zu begehen.“ Der Kirchenvater Augustinus (354 bis 430 nach Christus) vereinnahmt den 25. Dezember endgültig als das hohe Fest der Christen: „Wir sollen also, Brüder (und Schwestern), diesen Tag feierlich begehen, nicht wie die Ungläubigen um dieser Sonne willen, sondern um dessentwillen, der die Sonne geschaffen hat.“
Licht und Beleuchtung spielen in diesen dunklen Nächten eine große Rolle. Dank moderner Leuchttechnik und bezahlbarer Energie illuminieren immer mehr Leute mehr oder weniger geschmack- und fantasievoll in der Weihnachtszeit ihre Häuser.
In Schweden gibt es den Brauch, das Lichterfest im Gedenken an die Heilige Lucia zu feiern. Diese Tradition lässt sich bis ins 4. Jahrhundert zurückverfolgen. Der christliche Festtag erinnert an die Märtyrerin Lucia von Syrakus. Der Legende nach brachte sie Christen Essen, die sich in römischen Katakomben versteckten. Sie setzte sich einen Kranz aus Kerzen auf den Kopf, um den Weg zu beleuchten, aber die Hände freizuhaben. Am Luciatag ziehen in einer Prozession Sängerinnen und Sänger in weißen Roben, angeführt von einer Lucia in Kirchen Kindergärten, Schulen, Pflegeheimen und Büros. Sie tragen Kerzen und bringen Licht, wohin sie kommen. Das Publikum wartet in der Dunkelheit. Glockenheller Gesang und flimmernder Kerzenschein zeigen an, dass Lucia und ihr Gefolge sich nähern.
Die Sehnsucht nach der weißen Weihnacht mit viel Schnee bleibt bestehen. Denn in einer solchen Nacht leuchten die Lichter und die Hoffnung am hellsten.
zuletzt bearbeitet am 6.I.2025