2. Jan. 2025
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Die Echte Feige ist eine der ältesten Nutzpflanzen
Joachim Schmitz
Feigen sind eine riesige Gattung, die vorwiegend im tropischen und subtropischen Raum verbreitet ist. Man schätzt die Zahl der Arten auf über 1000. Einige Arten konnten sich auch bis ins mediterrane Klima ausbreiten, darunter die Echte Feige (Ficus carica). Das ist die einzige Art, die für uns wegen ihrer Früchte von Interesse ist.
Die birnenförmige Feige ist aber eigentlich keine Frucht sondern eine sogenannte Fruktifizenz, ein ganzer Fruchtstand. Botanisch ist eine Frucht definiert als eine Blüte im Zustand der Samenreife. Bei einer Fruktifizenz bildet nicht jede Blüte separat eine Frucht sondern sie sind so verwachsen, dass so eine Art Superfrucht entsteht. Am besten kann man das bei einer Ananas sehen. Die sechseckigen Felder, die man außen erkennen kann, entsprechen jeweils einer Beere, waren also vorher mal eine Blüte. Zur Fruchtzeit sind diese Beeren mit Stamm und Seitenästen zu einer einzigen „Riesenbeere“ verschmolzen.
Bei der Feige sind das keine Beeren sondern winzige Steinfrüchte. Es kommt aber noch eine weitere Komplikation hinzu. Ähnlich wie bei unterständigen Früchten wie Apfel oder Birne umwallt der Stängel das Ganze und schließt es in sich ein. Nur dass jetzt nicht wie in einer Birne eine Frucht eingeschlossen ist (das, was man als Kitsche herausschneidet), sondern eben ein ganzer Fruchtstand. Was man an der Feige verzehrt, ist aber wie bei Birne und Apfel im Wesentlichen Stängelgewebe.
Noch komplizierter ist die Blütenbiologie. Bestäubung und Befruchtung sind untrennbar mit dem Lebenszyklus der Feigenwespe (Blastophaga psenes) verbunden. Die darf man sich jetzt nicht wie eine große schwarzgelbe Faltenwespe vorstellen. Vielmehr gehört sie zu den Erzwespen, die oft parasitisch leben und nur wenige Millimeter groß werden.
Der gesamte Lebenszyklus spielt sich in den Feigen ab. Dazu bilden Wildformen der Echten Feige nacheinander 3 verschiedene Blütenstände aus, von denen nur die Sommerfeigen der Vermehrung des Baumes dienen (und als Obst brauchbar sind), während Frühjahrs- und Herbstblütenstände nur für die Vermehrung der Wespe da sind. Nur die Frühjahrsgeneration enthält auch männliche Blüten, die den Pollen für die Bestäubung der Sommerfeigen bereitstellen. Der ganze Zyklus ist so kompliziert, dass die genaue Schilderung den Raum dieser Kolumne sprengen würde.
Vermutlich schon in vorgeschichtlicher Zeit entstand in Westasien die Kulturform der Echten Feige. Dabei sind zwei Varianten entstanden. Die Hausfeige (var. domestica) produziert nur rein weibliche Blütenstände, die der Sommergeneration der wilden Feige entsprechen. Für die Bestäubung und Fruchtbildung braucht man die Bocksfeige (var. caprificus). Nur die produziert Blütenstände, die Pollen produzieren und in denen sich die Feigenwespe entwickeln kann. Die Bocksfeigen sind holzig und ungenießbar, aber zwingend nötig, damit die Hausfeigen bestäubt werden und Fruchtstände produzieren.
Moderne Feigensorten sind parthenokarp, d.h. sie bilden auch ohne Bestäubung Fruchtstände aus. Allerdings unterbleibt auch die Bildung von Samen. Zur Vermehrung bzw. Züchtung braucht man also nach wie vor Bocksfeigen.
Die Feige ist eine der ältesten Kulturpflanzen, schon vor 5000 Jahren wurde sie von den Assyrern genutzt. Etwa ab dem 7. Jdt. v. Chr. wurde sie im antiken Griechenland bekannt. Getrocknete Feigen enthalten ca. 55% Zucker. Das macht sie von Natur aus lange haltbar und transportfähig und so gelangten sie im Mittelalter auch über die Alpen. Heute wird sie im ganzen Mittelmeerraum angebaut. Die größten Produzenten sind Portugal und die Türkei.
Neben der Verwendung als Obst wird aus Feigen auch Wein und Schnaps gemacht. Aus den getrockneten Früchten kann man einen Feigenkaffee mahlen, der als Kaffeeersatz oder zum Aromatisieren von Kaffee verwendet wird. Auf der iberischen Halbinsel gibt es „Feigenkäse“. Der hat nichts mit Käse zu tun sondern ist eine Süßspeise aus Feigen, Nüssen, Mandeln, Pistazien und Gewürzen.
zuletzt bearbeitet am 14.II.2025