23. Jan. 2025

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Kleinbär, der eine Zorromaske trägt

 Karl Josef Strank

IDer Waschbär ist ein bekanntes und auffälliges Tier. Auch wenn die wenigsten ihn in der freien Wildbahn schon einmal gesehen haben. Mit seiner schwarzen Gesichtsmaske erinnert er an Zorro und wer in der Jugend ein Fan der Western war, kennt die aus dem Balg eines Waschbären gefertigte Fellmütze der nordamerikanischen Trapper, auf der Stirn mit dem Gesicht und am Hinterkopf mit dem Schwanz des Waschbären.

Der Pelz

Der Pelz ist dicht, langhaarig und dauerhaft. Die Fellmützen waren die ideale Kopfbedeckung für den Winter und sehr begehrt. Der Waschbär ist schlau und nicht leicht zu jagen. Bei Gefahr klettert er in Bäume und versteckt sich dank seiner guten Tarnung. Dabei hält er lange still und flieht nur in äußerster Not. Um die Nachfrage nach den wertvollen Fellen zu bedienen, entstanden in Kanada und Europa viele Waschbärfarmen, die sich aber wegen der billigen Einfuhren aus den USA nicht lange hielten. Heute spielt der Pelzhandel keine bedeutende Rolle mehr und die Jagd auf Waschbären wird in Amerika nur noch als „Sport“ betrieben. Dabei durchstreifen die Jäger mit einer Hundemeute in der Nacht die Wälder. Am Bellen und Jaulen der Hunde erkennt der erfahrene Jäger, ob ein Waschbär verfolgt wird oder sich auf einen Baum geflüchtet hat. Oft läuft der in der eigenen Spur zurück, erklettert und wechselt den Baum oder versucht im Wasser zu entkommen. Dort ist er gegenüber Hunden im Vorteil. Es kommt vor, dass er den Kopf des Hundes packt, unter Wasser drückt und ihn ertränkt.


Die Natur und der Name

Treffen mehrere Waschbären auf einen Hund, gehen sie geordnet vor. Sie lenken den Hund durch Bisse in die Flanken ab, während einer auf dessen Rücken springt und ihn durch Bisse in Nacken und Kehle tötet. Er ist halt gemäß seiner Natur ein Bär, wenn auch klein. Als typischer Vertreter einer Reihe sehr ähnlicher Arten, gab er der Familie den Namen Kleinbären im Gegensatz zu den Großbären, wie Grizzly, Braunbär, Eisbär und so weiter. In Amerika gibt es spezielle auf die Waschbärjagd hin gezüchtete Hunderassen, die als Racoons oder Coons bezeichnet werden. In der Meute sind sie dem Waschbären überlegen. Neben dem Menschen und seinen Hunden hat er Luchs, Wolf und Fuchs zu fürchten. Unter jungen Waschbären fordert der Hunger die meisten Opfer, denn in der nahrungsknappen Zeit des Spätwinters und im frühen Frühjahr haben diese nur sehr wenige Fettreserven, auf die sie zurückgreifen können. Große Eulen und Adler machen ebenfalls Jagd auf kleine Waschbären.

Seinen Namen hat der Waschbär von der augenscheinlichen Beobachtung, dass er mit den Vorderpfoten seine Nahrung im Wasser wäscht, bevor er frisst. Eine Fehldeutung, denn er ist tastend unterwegs auf der Suche nach Essbarem unter Steinen, im Geröll, im Sandsediment. Als Allesfresser ist er dabei nicht wählerisch. Klappernde Mülldeckel und verteilter Unrat an Häusern und in Straßen zeugen davon. Waschbären sind sehr geschickt und anpassungsfähig.

Die Zahlen

Ihre Zahl in Deutschland wird mittlerweile auf zwei Millionen geschätzt mit steigender Tendenz. Dokumentiert ist, dass am 12. April 1934 zwei Waschbärpaare am Edersee in Nordhessen ausgesetzt wurden und 1945 nach einem Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg auf eine Pelztierfarm bei Strausberg in Brandenburg einige Tiere entflohen. Ohne natürliche Feinde verbreiten sie sich nahezu ungehindert und seit 2016 werden sie in Europa als invasive Art geführt, die den Bestand einheimischer Tierarten gefährden. Sie sind mit Ausnahme von Muttertieren das ganze Jahr über jagdbar, aber nicht leicht zu erlegen. Nach der offiziellen Jagdstatistik wurden 202.821 Waschbären in der Saison 2022/2023 getötet, 2000/2001 waren es noch 9064.

Wegen ihrer Cleverness, Schwimm- und Kletterfähigkeit nutzen sie viele ökologische Nischen, verdrängen andere Arten oder fressen sie. So besetzen sie in Thüringen inzwischen die Hälfte der potenziellen Nistplätze für Uhus. Sie fressen die Gliedmaße der Europäischen Sumpfschildkröte und plündern ihre Gelege. Sie patroullieren entlang von Krötenschutzzäunen und fressen die Tiere aus den Eimern. Vogelnester sind eine leichte Beute, die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

 

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zuletzt bearbeitet am 14.II.2025