14. Aug. 2025

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Schwebfliegen, Überflieger und schwarz-gelber, harmloser Doppelgänger

 Margit Rößer

Schwebfliegen gehören innerhalb der Klasse der Insekten zur Ordnung der Zweiflügler (Diptera) und nach ihrem Erscheinungsbild in die Unterordnung der Fliegen (Brachycera). Wie der Name schon sagt, sind bei ihnen nur zwei Flügel ausgebildet, nämlich die Vorderflügel; die Hinterflügel sind zu sogenannten Schwingkölbchen (Halteren) umgebildet. Diese dienen vor allem als Gleichgewichtsorgane und stabilisieren die Fluglage.

Die rund 470 heimischen, in ihrem Aussehen sehr unterschiedlichen Schwebfliegen werden sehr häufig mit Wespen, Bienen oder Hummeln (Hautflügler – Hymenoptera) verwechselt. Da Schwebfliegen gänzlich „unbewaffnet“ sind, können sie sich weder mit Gift noch mit Stachel verteidigen. Also imitieren sie durch die schwarz-gelbe oder schwarz-orangefarbene Zeichnung ein Tier, das entsprechende Verteidigungsmöglichkeiten besitzt (Biene, Hummel oder Wespe) und täuschen dadurch Fressfeinde, wie z.B. Vögel, die die vermeintlich gefährlichen Tiere lieber in Ruhe lassen. Diese Strategie wird Mimikry genannt.

Deutliche Unterscheidungsmerkmale sind die großen Facettenaugen und die Fähigkeit zum sogenannten Schwirr- oder Stehflug. Ähnlich wie Kolibris oder Helikopter können Schwebfliegen in der Luft stehen und im nächsten Moment hakenschlagend abdrehen. Sie sind also wahre Flugkünstler. Auch verirren sich Schwebfliegen selten an die Kaffeetafel, was sie durchaus sympathisch macht.

Die erwachsenen Schwebfliegen ernähren sich von Nektar und Pollen und sind als Bestäuber ein wesentlicher Bestandteil im Ökosystem. Sie gehen gerne an Korbblütler, aber auch Kreuz- und Doldenblütler und fliegen vom Frühjahr bis in den Herbst.

Die Larven der Schwebfliegen sind klein und unauffällig, ihr Nahrungsspektrum jedoch ist vielfältig. Abhängig von ihrem Lebensraum und ihrer Lebensweise kann man vier Gruppen unterscheiden: Die Weibchen der Hain-Schwebfliege (Episyrphus balteatus) zum Beispiel, legen ihre Eier an Blattlauskolonien ab, so dass der Nachwuchs reichlich zu fressen findet. Dabei sind sie nicht auf bestimmte Blattlausarten spezialisiert und somit ausgesprochen nützlich im Garten.

Andere Schwebfliegenweibchen legen ihre Eier in die Nester von Hummeln, Hornissen oder Wespen. Die Larven ernähren sich vom Abfall und als Mitesser, z.T. aber auch räuberisch von der Brut ihres Wirts. So macht das z.B. die Hummelschwebfliege (Volucella bombulans), sie ähnelt im Aussehen der Gartenhummel.

Die Weibchen der Gemeinen Narzissenschwebfliege (Merodon equestris) legen ihre Eier an den Zwiebeln von Narzissen und Liliengewächsen ab. Die Larven fressen dann das Innere der Zwiebel und sie überwintern dort. Dieses Verhalten bringt ihnen den Ruf des „Schädlings“ ein.

Wiederum andere Larven, wie beispielsweise die der Scheinbienen-Keilfleckschwebfliege (Epistalis tenax), auch „Mistbiene“ genannt, entwickeln sich in fauligem Wasser von Tümpeln und Pfützen, auch in Brennnesseljauche, in Aas und Kuhfladen kommen sie vor. Durch die Ernährung von den Bakterien und dem abgestorbenen Pflanzenmaterial tragen sie zur Wasserreinigung bei und sind fleißige Helfer beim Recycling abgestorbener Materie.

Bei der Wahl zum Gartentieres des Jahres 2025 war immerhin die Totenkopfschwebfliege nominiert, um auf die unverzichtbare Rolle als Bestäuber aufmerksam zu machen und um für einen naturnahen Garten mit unterschiedlichen Lebensräumen zu werben.

Jedes Insekt, auch die lästige Mücke, Fliege oder „aufdringliche“ Wespe ist ein Rädchen im Getriebe der ökologischen Maschinerie. So winzig der Einzelbeitrag sein mag, in der Summe ist der Nutzen kolossal für das Leben auf der Erde.

 

voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am 1.IX.2025