16. Okt. 2025

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Mufflon – Wildschaf oder verwildertes Hausschaf?

Margit Rößer

Dies ist eine vieldiskutierte und oft stark ideologisierte Frage, auf die es wohl keine eindeutige Antwort gibt. Der „Urheimat“ der Mufflons liegt in Zentralasien, in gebirgigen Landschaften, wo sie bereits vor Millionen von Jahren auftraten. Hier leben auch heute noch die größten Wildschafe. Der Europäische Mufflon (Ovis gmelini musimon) ist eine Unterart des armenischen Wildschafes und der kleinste Vertreter dieser Art. Von der Levanteküste (östlicher Mittelmeerraum) gelangte er etwa 5000 v.Ch. auf die Inseln Sardinien und Korsika. Kam er mit Siedlern über das Mittelmeer und diente Nahrungs-, Jagd- oder Kultzwecken? Eine andere Theorie ist die Verbreitung entlang Nordafrikas Mittelmeerküste? Ein „Muffelfries“ im Fezzangebirge (Libyen) stützt diese These.

An das ursprüngliche felsige Habitat ist das Fluchtverhalten der Tiere angepasst. Dank des hervorragenden Sehvermögens können Fressfeinde, wie z.B. Wolf oder Luchs schon aus einer Entfernung von 800 – 1000 m wahrgenommen werden. Zur Flucht sprintet der Mufflon in unzugängliches, klippiges Gelände, wohin der Wolf nicht folgen kann - die perfekte Taktik in steilen Felswänden!

Voraussetzung für diese Feindvermeidungsstrategie ist eine genaue Kenntnis des Lebensraumes. Daher sind Mufflons sehr standorttreu. Im Flachland mancher Einbürgerungsgebiete funktioniert diese Taktik hingegen nicht. Daher gingen die Populationen von Mufflons in diesen Gegenden häufig parallel zur Anwesenheit von natürlichen Fressfeinden, wie Wolf und Luchs zurück.

Das auffälligste Kennzeichen der männlichen Mufflons, der Widder, sind die mächtigen spiralförmigen, nach hinten gebogenen Hörner, die sogenannten Schnecken. Diese wachsen während des gesamten Lebens und werden nicht abgeworfen. Typisch für den Muffelwidder ist die sogenannte „Schabracke“, ein heller Sattelfleck seitlich am Körper, der vor allem im braunen bis schwarzbraunen Winterhaar auffällt.

Durch den hervorragend ausgebildeten Geruchs- und Hörsinn bemerken Mufflons Menschen aus mehreren hundert Metern Entfernung und hören selbst unauffällige Geräusche aus weiter Distanz. Daher kann man Mufflons nur sehr selten beobachten.

In Deutschland wurden Mufflons um 1900 eingeführt, zunächst in Schlesien, in der Göhrde (Niedersachsen) und im Ostharz. Heute gibt es in Europa dank Einbürgerungen zahlreiche Bestände, deren Größe variabel ist und, da die Tiere sehr scheu sind, auf Schätzungen beruhen.

Hier halten sich Mufflons vorwiegend in Laub- und Mischwaldgebieten auf, in Regionen, die Einstand und Deckung, gute Äsungsmöglichkeiten und gleichzeitig gute Sichtverhältnisse bieten.

Als vorwiegend tagaktives, sozial lebendes Wildtier lebt der Mufflon in Rudeln, das aus Muttertieren mit ihren Lämmern und jungen Widdern bis 1,5 Jahren besteht. Das Rudel wird vom Leitschaf angeführt. Die mittelalten Widder schließen sich in eigenen Rudeln zusammen, sie stoßen erst zur Brunftzeit zum Rudel.

Während der Brunftzeit ab Oktober kämpfen die Widder mit Rammstößen ihrer gewaltigen Hörner um den Zugang zum Rudel. Bei diesen Kämpfen können die Tiere bis zu 10 kg an Körpergewicht verlieren. Das Aneinanderschlagen der Schnecken ist aber nicht nur Brunftgehabe, sondern auch ständige Bestätigung der Rangordnung.

Nach einer Tragzeit von etwa 5 Monaten werden 1 -2 Lämmer geboren, die ca. sechs Monate gesäugt werden. Sie bleiben bis zu 1,5 Jahren bei der Mutter.

Mufflons sind Wiederkäuer. Sie fressen Gräser, Kräuter, Eicheln, Kastanien, knabbern auch Baumrinde und Knospen von Sträuchern. Die Äsungszeiten liegen in den frühen Morgenstunden und am Abend. In gebirgigen Heimatgebieten kommt es zu jahreszeitlichen Vertikalwanderungen. Dabei ziehen sie oft im „Gänsemarsch“.

Heute lebt der Mufflon in freier Wildbahn im Kaukasus, Anatolien, im Iran und Irak. Auf Zypern gilt der Mufflon als Nationaltier und wird auf den kleinen Cent-Münzen abgebildet. Die Maschinen der staatlichen Fluggesellschaft Zyperns, Cyprus Airways, trugen bis zu ihrer Auflösung im Jahr 2015 den geflügelten Mufflon als Logo auf den Leitwerken.

 

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zuletzt bearbeitet am 5.XI.2025